August 2021
29.08.2021
Sonntag, Oma reist wieder nachhause und ich kann mal wieder in unsere Gemeinde gehen. Mich haben Brüder von der 4M Bewegung (4.Musketier) angeschrieben, sie lesen den Blog und sie teilen mir mit, dass ein Heer von Betern hinter uns steht. Ich bin überwältigt, mal wieder, wir haben schon einiges miteinander durchgemacht. Männer die wissen worauf es ankommt, stehen für uns ein! Habt herzlichen Dank, alle die für uns beten, diese Kraft trägt uns am allermeisten! Über 4M wird noch ein Beitrag folgen, hier beschreibe ich wieso es für wahre Gläubige Männer eine Selbstverständlichkeit ist, sich für Gerechtigkeit und für andere einzusetzen – so wie jetzt auch für uns. Einer für alle – Alle für einen.
„Betet allezeit mit allem Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit und Flehen für alle Heiligen“
Epheser 6, 18
28.08.2021
Erste Nacht wieder zuhause, schnell gewöhnen Naomi und ich uns wieder daran. Mittags kommt eine Freundin aus unserer alten Gemeinde vorbei, sie bringt eine Kleinigkeit für Naomi und für Irina mit. Wir waren lange in einem Hauskreis zusammen, wir durften miterleben wie sie sich taufen ließ, gemeinsame Schritte die einen prägen. Sie hatte als junge Erwachsene einen schlimmen Fahrrad-Verkehrsunfall, keiner gab ihr eine Chance, sie war entstellt und keiner dachte sie würde je wieder irgendetwas selbstständig machen. Heute sitzt sie vor mir, 6 Jahre später, das ist der Gott der Wunder tut an den wir glauben. Wir trinken Kaffee, tauschen uns aus und Naomi unterhält uns.
Am Nachmittag kommt Oma, meine Schwiegermutter, wir fahren direkt ins Klinikum weiter wegen den engen Besuchszeiten. Dann die Überraschung: Irina empfängt uns am Eingang, sie war selbst hinunter gekommen! Sie weiß, dass nur eine Person am Tag auf Besuch kommen darf, das geht nicht, sie muss uns alle sehen! Immerhin haben wir eine Ausnahme für unser Baby bekommen, die Corona-Regeln machen uns mittlerweile mehr zu schaffen, als das sie schützen. Bei diesem Regensommer haben wir dann auch noch Glück, dass es mal nicht regnet und kurz sogar die Sonne raus kommt. Wir genießen das sehr, v.a. Irina, die sonst nur Pfleger, ihre Zimmernachbarin und die eigenen 4 Wände sieht, ist es natürlich besonders schön.
27.08.2021
Aktuell tut sich nicht viel, Irina und ich haben immer mal wieder Kontakt per Video. gestern hat eine gute Freundin vorbeigeschaut, sie arbeitet im Klinikum, es war wie Gedankenübertragung, denn ich wollte ihr schon schreiben, dass sie mal vorbeischauen soll. Leider hat Irina seit dem MRT wieder vermehrt Kopfweh, aber sie fühlt sich ansonsten recht wohl. Nachdem sie heute alleine im Zimmer ist, beschließen wir, dass Naomi und ich auf Besuch kommen. Ich werde dann das Wochenende in Augsburg verbringen, da morgen Irinas Mama zu Besuch kommt bis Sonntag.
Der Tag geht zu Ende und wir hatten einen sehr schönen Nachmittag zu dritt im Klinikum. Naomi ist einfach ein Goldstück, weil sie so umgänglich ist und mit in der Lage lebt. Sie hat sich dann mega gefreut die Mama mal wieder live zu sehen. Nachdem Naomi ja nun doch sehr schwer ist für Irina, waren wir sehr dankbar, als Naomi noch ein Schläfchen machte. So konnte sie zumindest in Irinas Arm liegen und die beiden hatten noch eine schöne Kuschelzeit. Es tat Irina sehr gut, die Trennung von ihren Liebsten ist schon schwer. Wir konnten die Zeit echt genießen! Zuhause angekommen, zwei Wochen waren wir bei meinen Eltern, es fühlt sich gut an. Nachdem Naomi eingeschlafen ist, schreibe ich meinen Eltern und bedanke mich für die unfassbar tolle Unterstützung! Dankbarkeit, es ist so wichtig! Schreibt doch euren Eltern mal für was ihr ihnen die letzten zwei Wochen dankbar ward.
25.08.2021
Einen Tag machten wir Pause mit Besuch, Irina erholt sich und ich nutze die Zeit ebenfalls für Erholung. Heute besuche ich sie wieder, leider komme ich erst spät an wegen Stau auf der Autobahn. Ihr geht es nicht ganz so gut, aber die Zweisamkeit tut ihr gut, außerdem habe ich Blumen dabei 😉 ich habe Post dabei, ein Cousin aus ihrer Familie und die Verlobte laden uns auf ihre Hochzeit ein, leider müssen wir absagen in der aktuellen Situation. Dann kommt der Arzt und bespricht mit uns die weiteren Schritte. Es wird ein längerer stationärer Aufenthalt mit intravenöser Antibiotika Behandlung, das ist zunächst der Stand den ich aktuell weitergeben kann, alles andere ist nicht spruchreif. Kurz vor Ende meiner Besuchszeit wird es nochmal hektisch, sie quetschen Irina noch in einen freien MRT Termin rein und transportieren sie gleich ab. Für uns bleibt nur eine kurze Verabschiedung, trotzdem war es wieder eine sehr wertvolle Zeit.
Ich nutze die Zeit um noch bei uns in der Gemeinde vorbei zu schauen, Mittwoch ist immer Gebet und Bibelstunde. Es war eine bereichernde Zeit und ich konnte seit langem mal wieder Gemeinschaft haben. Hier wird auch deutlich, dass es noch ganz andere Probleme gibt – Afghanistan. Über Missionare erfahren wir, dass die Taliban von Haus zu Haus gehen und Christen suchen, um sie zu ermorden. Menschen mit einer Bibel-App werden aus Bussen gezogen und erschossen, es reicht schon der Verdacht Christ zu sein. Wir wollen an alle Geschwister dort denken und für sie beten, aber auch für alle Menschen dort, dass Frieden einkehrt in der Region.
23.08.2021
Heute fahre ich Irina alleine besuchen, vormittags hatten wir telefoniert. Hier merkte ich schon eine deutliche Verbesserung ihres Zustands, aber abwarten, zu oft wurde ich schon von kurzen Glücksmomenten getäuscht. Diesmal sollte es aber keinen Rückschlag geben, sie war wirklich super drauf, kaum Schmerzen und ihre Kommunikation war überraschend sicher und flüssig. Auch wenn sie anfangs traurig war, dass sie Naomi nicht sehen konnte, stellte sich die Zweisamkeit als Segen heraus. Es entwickelte sich zu einem unserer schönsten Tage seit langem und wir reizten die Besuchszeit komplett aus. Oma war eingeweiht und Naomi wurde das erste mal nicht von ihren Eltern ins Bett gebracht. Aber wie so oft, stellte sich unser Kind hier als äußerst unkompliziert heraus. Dann kommen der operierende Arzt und der Oberarzt ins Zimmer. Der Oberarzt sieht mich streng an und macht deutlich, dass Irina mal wieder kurz davor war…naja es war einfach sehr knapp. Ich konnte vermutete Versäumnisse oder Fahrlässigkeit aus dem Weg räumen, verschieden Ärzte haben unabhängig voneinander den Ernst der Lage nicht erkannt. Es ist einfach eine enorm tückische Krankheit, das wurde auch heute im Gespräch wieder bewusst. Bis mindestens nächste Woche wird Irina am Tropf und unter Beobachtung auf der Station bleiben. Zudem wird sie nochmal operiert werden müssen, da ihr eine künstliche Titanium Schädeldecke eingesetzt werden muss. Wieder eine Operation. Es löst bei Irina etwas Frust aus, aber der Dämpfer wehrt glücklicherweise nicht lange, zu sehr genießen wir die Zweisamkeit. Wir liegen zusammen im Krankenbett, halten uns einfach im Arm, so oft lagen wir schon in diesen Betten. Dann sagen wir uns wie dankbar wir füreinander sind und wie schön es ist Eltern zu sein. Wir danken Gott und ich muss an unseren Trauvers denken:
„Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit“
Kolosser 3, 14
22.08.2021
Um 9:30 Uhr kontaktierte mich ein Pfleger und teilte mir mit, dass Irina verlegt wird. Ich will wissen wie es ihr geht und der Pfleger fragt, sie lächelt ihn an, sie weiß, dass ich am anderen Ende der Leitung bin. Ab 14:00 Uhr sind Besuchszeiten. Bis dahin erreicht mich eine wunderbare Sprachnachricht die mich unfassbar berührt. Unsere Gemeinde hat im Rahmen des Gottesdienstes ein Lied für uns zur Ermutigung gesungen. Es ist überwältigend wie die Einheit in Christus uns trägt, vielen Dank liebe Geschwister!
Der Refrain: Gott wird dich tragen mit Händen so lind, Er hat dich lieb wie ein Vater sein Kind. Das steht dem Glauben wie Felsen so fest; Gott ist ein Gott, der uns nimmer verlässt.
22:00 Uhr: ein anstrengender Tag geht zu Ende, Naomi auf dem Arm, schläft momentan unruhiger ein. Die Belastung zehrt an uns allen. Der Besuch im Klinikum hinterlässt gemischte Gefühle. Irina hat starke Schmerzen und sie ist extrem erschöpft. Sie bekommt starke Medikamente, ich höre die Schwestern wie sie über BTM reden, das ist mir als Polizist nicht unbekannt, die Abkürzung steht für Betäubungsmittel. Immerhin erkennt Irina uns und wir haben ein paar Minuten Spaß, v.a. Naomi lacht sehr viel und diese Momente machen uns glücklich. Dann aber auch gleich wieder die harte Realität, ihre Schmerzen nehmen stark zu, sie kämpft, aber sie muss schlafen. Wir reden noch über ein paar Themen wegen ihrem stationären Aufenthalt, aber sie findet wieder kaum Wörter. Ich beruhige mich, dass liegt an den heftigen Medikamenten und ihren Schmerzen, die Tage werden es zeigen. Danach bereite ich ihr noch ihr Abendessen zu, streiche ihre Brote, die Schwestern sind zu beschäftigt. Wir nutzen die Zeit noch um zu beten und wir verabschieden uns wieder. Auf dem Heimweg halte ich bei unserem Lieblingsitaliener, normalerweise ist Sonntag unser Pizzatag und wir kommen öfter zu ihm. Er kennt unsere Geschichte und fragt wie so oft wenn ich alleine komme, wie es um Irina steht. Ich erkläre es kurz und er ist wie immer sehr betroffen. Er drückt mir die Pizza in die Hand und sagt: geht aufs Haus. Ich versuche zu bezahlen, aber er besteht darauf.
21.08.2021
Irina konnte wieder besser Worte fassen und wir telefonierten schon sehr früh. Aktuell wurde sie auf einer neurologischen Station geparkt, da die neurochirurgische Station voll ist. Sie sagt, das die Ärzte sie heute doch operieren wollen, leider bleibt unklar aus welchem Grund genau. Leider wird wieder mal deutlich wie schlecht die notwendige Kommunikation ist, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, alles irgendwie Nebensache. Aber das Krankenhaus ist voll, es ist Wochenende, es gibt wieder tausend Gründe für die Fehlerkettenproduktion.
10:45 Uhr: Eine Pflegerin ruft mich zurück und erklärt, dass Irina jetzt operiert wird. Keine weiteren Infos, ich bin dankbar, dass mir überhaupt jemand bescheid sagt. Die Erfahrung zeigt, dass wir mindestens 3 Stunden warten werden, bis sich wieder etwas tut. Wie immer ein unangenehmes Gefühl, die Risiken bei der mittlerweile 6. Operation am Kopf,… beten. Ich schlage meine Bibel auf und werde ermutigt, wie immer, Gott ist treu. Sein Wort aus Psalm 100 spricht mich an, preist seinen Namen:
„Denn der Herr ist gut; seine Gnade währt ewiglich und seine Treue von Geschlecht zu Geschlecht.“
Psalm 100, 5
15:00 Uhr: Ich erreiche den operierenden Arzt und bekomme neue Informationen. Man hat wohl versucht mich zu erreichen, das Netz bei meinen Eltern ist eine Katastrophe. Die Operation ist gut und ohne Komplikationen verlaufen. Es wurde nun doch die vom Vorabend schon mal kommunizierte Operation durchgeführt und der Verdacht bestätigte sich. Unter der Schädeldecke hatte sich ein Infekt gebildet, geeitert und einen Abszess gebildet. Das war schließlich die Ursache für die massiven Fieberschübe. Die traurige Wahrheit in diesem Stadium ist, dass aktuell nicht der Tumor das Problem ist, sondern die massiven Begleiterkrankungen. Sie liegt nun auf der Überwachungsstation, die letztlich wie die Intensivstation ist und kann frühestens morgen auf die normale Station verlegt werden. Somit kann ich sie auch erst morgen besuchen kommen. Es bleibt aber auch weiter abzuwarten wie die kognitiven Fähigkeiten sind, wir hoffen natürlich sehr, dass sie keine bleibenden Schäden abbekommen hat. Aktuell wird sie zwischen 10 – 14 Tage stationär im Klinikum bleiben – vor der OP ist nach der OP. Sie ist weiterhin in einem sehr kritischen Zustand, da ihr Immunsystem sich kaum noch wehren kann. Es bleibt abzuwarten und gut zu überlegen, wann, ob und wie eine Pflege zuhause noch sinnvoll ist, hierüber kann aktuell noch gar nichts gesagt werden. Bevor sich die Anfragen nach Besuchen aufdrängen, möchte ich hier nochmal auf Zurückhaltung hinweisen und vorerst von dem nachvollziehbaren Wunsch sie zu besuchen abzusehen.
20.8.2021
13:30 Uhr: wie so oft kommt alles anders. Irina kommt notfallmäßig nach Augsburg ins Klinikum. Zu hohes Fieber, zu starke Schmerzen ausgehend von ihrer Operationsnarbe am Kopf, zu viele Begleitsymptome, die ich euch hier erspare. Sie muss auf jeden Fall neurochirurgisch behandelt werden.
15:00 Uhr: ich bleibe mit Naomi bei meinen Eltern, sie braucht ihren Papa. Meine Frau braucht ihren Mann, aber vielleicht erst später. Was man in dieser Situation braucht ist Glaube! So ermutigt mich auch unserer Bruder im Herrn:
Vertraue auf den Herrn Martin. Jede Not, Anfechtung und jeder Feind muss an deinem Allmächtigen Gott vorbei. Auch dass es jetzt deine Liebe Frau ins Krankenhaus verlegt wird. Alles unterliegt seinem Willen und seine Wege sind so viel höher. Harre auf den Herrn. Gott stehe euch bei!
Amen. Es tut gut in den Händen des Allmächtigen zu sein. Dem Fels an dem alles zerschellt.
15:30 Uhr: Irina wird am Kopf notoperiert. Ich werde mit dem Chirurg verbunden, er kennt Irina. Sie ist im Haus bestens bekannt und deswegen kommt er auch gleich zur Sache. Sie gehen von einem Infekt unter der Schädeldecke aus. Sie werden einen Eingriff vornehmen und die Schädeldecke entfernen. Ein CT wird weiteren Aufschluss geben, danach meldet man sich wieder bei mir.
20:45 Uhr: stundenlanges ausharren, dann der Anruf. Irina wurde nicht notoperiert, der Arzt sagte in unserem ersten Telefonat lediglich dass er gerade operiert. Er telefonierte mit mir während einer anderen OP! Aktuell vorerst Entwarnung, sie werden auch nicht operieren im Moment. Sie wird stationär aufgenommen und mehr infos kann ich im Moment nicht geben. Aber das wichtigste nach dieser unfassbar harten Woche: sie ist endlich mal stabilisiert, wird überwacht und es kann angemessen auf ihre Schmerzen reagiert werden. Danke für eure Gebete.
19.08.2021
zweite Nacht und zweiter Tag ohne Fieber. Gestern konnte Irina mal mehr Zeit außerhalb des Bettes verbringen und unsere Tochter wieder mehr herzen. Die beiden tun sich sehr gut und das heutige Ziel: Naomi baden! Meine Mutter hat über eBay spontan eine Babywanne besorgt. Die kleinen Dinge sind es gerade, die momentan das Leben lebenswert machen.
Mein Bruder hatte gestern Geburtstag, bis auf eine kurze Gratulation wurde aber nicht viel gefeiert.
Ich versuche neben den anfallenden Arztgesprächen ein paar Nachrichten zu beantworten. Einige liebe Freunde melden sich und fragen wegen Besuch an. Aktuell braucht Irina erst Stabilität um das zu ermöglichen. Es melden sich Geschwister aus unserem alten Hauskreis, darüber freuen wir uns sehr. Sie schicken den Gebetsaufruf in ihre Heimat nach Uganda 🙏 in Christus verbunden ist immer noch der stärkste Bund.
Unsere Logopädin meldet sich, worüber wir uns sehr freuen. Sie ist aus unserer Gemeinde und schickt uns dieses Wort:
„Der Gott aller Gnade aber, der uns berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, er selbst möge euch, nachdem ihr eine kurze Zeit gelitten habt, völlig zubereiten, festigen, stärken, gründen! Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“
1. Petrus 5: 10 – 11 SCH2000
17.08.2021
Irina hat weiter immer wieder Fieber. Die Ärztin hatte Blut abgenommen, aktuell spricht noch nichts für eine palliativ-stationäre Aufnahme. Wir warten die Laborergebnisse ab und die Tage werden entscheiden, wie es weitergeht. Danke für anteilnehmende Nachrichten, Genesungswünsche und v.a. Gebet.
21:00 Uhr: Der Tag war extrem angespannt und ging verhältnismäßig positiv zu Ende. Bis 16:00 Uhr konnte Irina das Bett nicht verlassen und fieberte. Aber dann ließ schlagartig das Fieber nach und sie konnte sogar aufstehen. So konnten auch meine Schwester und ihr Freund sie sehen. Sie fand sogar wieder ein paar Worte mehr als sonst und wir konnten mal wieder zusammen beten, bevor sie wieder ins Bett ging.
16.8.2021
ch versuche so aktuell wie möglich über die Lage zu informieren.
09:00 Uhr: Fieber ist über Nacht gekommen und geht nicht runter. Arzt ist verständigt, Palliativ Care-Team ebenfalls. Irina ist schwach aber stabil.
13:00 Uhr: Die Ärztin war da und das Fieber ging vorher Gott sei Dank schon runter. Alles in allem sind wir im Moment gut aufgehoben und in guter Betreuung. Irina konnte den restlichen Tag zwischen Schüttelfrost positiv füllen mit Spielezeit mit Naomi. Ich fuhr zwischenzeitlich nach Augsburg und holte weitere Sachen für einen längeren Aufenthalt. Für wie lange ist aktuell nicht absehbar.
13.8. - 15.8.2021
Wir reisen zu meinen Eltern an den Starnberger See. Das Wochenende sollte zum Test und v.a. zur Erholung dienen. Das Haus meiner Eltern bietet neben genügend Platz für uns, weiter die Möglichkeit eine geeignetere Betreuungs-Situation für alle zu schaffen. An diesem Wochenende werden einige Dinge klar: Ich bin mit meinen Resourcen kurz vor einem PNR: Point of no return. Seit 6 Monaten kämpfe ich um unsere Bastion Augsburg aufrecht zu erhalten. Am Sonntag falle ich aus dem Nichts, mitten untertags ins Bett und schlafe 3 Stunden. Ein klares Signal meines Körpers, Stop. Ich habe es bis zum Umfallen probiert, aber jetzt muss Vernunft einsetzen. Meine beiden Liebsten, Irina und Naomi brauchen einen funktionierenden Mann und Vater. Irinas Gesundheitszustand verschlechtert sich außerdem zunehmends massiv, was sich durch Bettlägerigkeit und unkontrollierte Fieberschübe und Schüttelfrost auszeichnet. Sie ist völlig geschwächt und am Ende ihrer Kräfte. All diese Umstände führen dazu bei meinen Eltern zu bleiben und schnellstmöglich die eh bereits angedachte Palliativ-Versorgung aufzubauen. Es wird stressiger und ich habe weniger Zeit angemessen zu informieren, somit veröffentliche ich den noch unvollständigen Blog.
Die schönen Ereignisse will ich nicht in den Hintergrund treten lassen. Mein Trauzeuge kommt mit Freundin auf Besuch, sie sehen Naomi das erste mal. Es wird trotz aller Umstände ein schöner Sommertag, an dem ich seit Jahren mal wieder in den wohlbekannten See springe. Am 14.8. jährte sich zudem zum 5. mal Irinas und mein damals gefasster Entschluss – wir lieben uns und wollen eine feste Beziehung eingehen. Daran hat sich dank Gottes Hilfe bis heute nichts geändert.
10.08.2021
Nachdem Irinas Kopfschmerzen wieder weiter zunehmen und sie neben Wörtern nun auch alltägliche Sachen vergisst, suche ich heute nochmal Rat bei der Onkologin. Diese schlägt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ein MRT vom Kopf vor. Wir werden gut überlegen, ob diese Untersuchung notwendig ist, denn es bedeutet wieder neue Strapazen. Ich habe aufgehört die MRT-Untersuchungen zu zählen.
09.08.2021
Ich rufe den Eigentümer und Vermieter an, ein Anruf den ich lange vor mich hergeschoben habe. Ich wollte ihn fragen, ob er uns ein Sonderkündigungsrecht zugesteht, damit wir die Wohnung so lange wie es möglich ist halten können, aber bei einer akuten Lageveränderung stressfrei ausziehen könnten. Ich muss einem Mann einfach so aus dem nichts mit einer schweren Notsituation konfrontieren. Er hört sich alles gefasst an und ist sehr betroffen über unser Schicksal. Am Ende fehlen ihm die Worte und er stimmt einer Sonderkündigung für den Fall der Fälle zu. Seine Stimme und seine Worte klingen ähnlich wie die meines Chefs: Machen sie sich hierüber keine Gedanken, das wird kein Problem sein. Ich wünsche ihnen und ihrer Familie viel Kraft.
08.08.2021
Die mit Abstand schlimmsten Tage überhaupt endeten. Irinas Zustand verschlechterte sich die ganze Woche zunehmend. Ihr Immunsystem ist am Ende. Der Körper wehrt sich kaum noch und regeneriert nicht mehr richtig. Es ist ein Wahnsinn, dass die Neurochirurgen schulmedizinisch mit Chemotherapie weiter behandeln wollten. Ich denke mit einer Chemotherapie hätten wir Irina ins Hospiz befördert. Dank der fürsorglichen und professionellen Beratung der Onkologin konnte das abgewendet werden. Doch was jetzt? Irina lag zwei Tage komplett flach im Bett, einfach nur aus Schwäche. Man muss zusätzlich so sehr aufpassen mit Medikamenten. Manche wären hilfreich, aber nicht wenn sie bettlägerig ist, Trombose-Gefahr, selbstproduziertes Nierenversagen usw. Ihre Kopfschmerzen nehmen zu und ihre zurückgewonnene Sprache verschwindet wieder. Teilweise fängt sie einen Satz an mit zwei Worten, bricht ab, überlegt, es strengt enorm an, dann die traurige Resignation und sie bricht den Satz ab. Das verursacht zusätzlich enorm psychischen Druck. Wir beantragen palliativ medizinische Beratung und Pflegestufe. Wie lange können wir es zuhause noch weiter machen? Ich stehe ebenfalls unter Druck vernünftige Entscheidungen zu treffen, Naomi ist nun 6 Monate alt und ich habe für beide die Verantwortung. Ich muss die Last mittragen und ich will auch, es sind meine Nächsten die ich liebe. Gott schenke Kraft und Weisheit – du kannst!
„Sorgt euch um nichts; sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden. Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus!“
Philipper 4, 6-7
05.08.2021
Die Koki meldet sich und verbreitet gute Neuigkeiten. Die Stadt konnte wohl nun doch einen weiteren Pool bereitstellen, dass uns die Haushaltshilfe bezahlt und erhalten bleibt. Wir nennen so etwas Gebetserhörung 🙏 (s. Logbucheintrag vom 02.08.2021)
Gleichzeitig ein kurzer Schock, aus Irinas OP-Narbe lief über Nacht Flüssigkeit heraus. Wir mussten also wieder ungeplant zur Onkologin, um das anschauen zu lassen. Hier dann Entwarnung, keine Gefahr und wahrscheinlich ist das Hämatomflüssigkeit die sich im Schlaf rausgedrückt hat. Pflaster drauf wieder nachhause. Wermutstropfen: durch diese Anstrengung ist der Tag für Irina wieder gelaufen. Ein solcher Ausflug kostet sie so viel Kraft wie eine Wanderung auf die Zugspitze. Zu allem Überfluss war heute auch der Aufzug zu der Praxis kaputt. 4 Stockwerke Treppen. 13 Uhr – Feierabend.
04.08.2021
Das Gespräch bei der Onkologin verläuft gewohnt vertrauenswürdig und offen ab. Eine Chemotherapie ist bei aktueller Lage und insbesondere Irinas desolaten körperlichen Zustand nicht durchzuführen. Desweiteren muss man nüchtern festhalten, dass die Chemo bisher nichts gebracht hat. Traurigerweise muss man auch festhalten, dass das Klinikum ohne jegliche Erklärung für eine weitere Chemotherapie plädiert hatte. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, wo Ärzte mit ihren Empfehlungen nicht unerheblich voneinander abweichen. Wir sind dankbar, dass wir in der onkologischen Praxis gut aufgehoben sind. Das Stichwort: Betreuung. Der Patient ist keine Nummer und hier können wir dem Klinikum leider keine gute Note ausstellen. Im Gegenteil: das grenzt an Totalversagen.
02.08.2021
Die Koki teilt mit, dass das Stiftungsamt aktuell keine Spende zur Bezahlung einer Haushaltshilfe bewilligen kann (s. Logbucheintrag 28.7.2021). Ihnen fehlen Nachweise über die Einkünfte von Irina. Wäre alles kein Problem, aber leider hat die Krankenkasse uns mit dem Krankengeld “vergessen“. Aktuell bekommt sie kein Geld, wir haben somit auch keinen Nachweis und so sind dem Stiftungsamt (erstmal) die Hände gebunden. Problem: wir brauchen ja eine Haushaltshilfe und die Förderung durch die Koki ist eigentlich offiziell beendet.
Wir legen solche Sorgen einfach in die Hände unseres Gottes. Er ist unser Versorger. Schließlich kann scheinbar in dieser Service- und Bürokratiewüste Deutschland eh momentan niemand etwas machen.
01.08.2021
Irinas 32. Geburtstag. In kleinem Rahmen gehen wir in eines unserer Lieblingsrestaurants. Sie trotzt den Schmerzen und es strengt sie körperlich enorm an, aber ein gutes Schnitzel, ihre Mama und gute Freunde bauen sie auf. Zuhause lassen wir es ruhig ausklingen, bei Kaffee und Kuchen mit Uroma und Schwiegermama. Zum Abschied der Freunde fließen Tränen, sie wohnen 4 Stunden entfernt, wer weiß wann man sich wiedersieht.