September 2021

28.-30.9.2021

Am 28.9. jährt sich zum 3. mal unser standesamtlicher Hochzeitstag und wir erinnern uns gerne daran zurück. Es gibt Blumen und abends bestellen wir uns ein leckeres Essen beim Asiaten. Naomi ist etwas unruhiger, aber schläft dafür schon früher ein als sonst. So hatten wir noch mehr Zeit den Abend zu zweit zu genießen.

Vormittags waren wir beim Arzt, Routine-Check vom Blut und Gespräch mit unserer Onkologin; alles in Ordnung. Auf dem Weg zur Apotheke treffen wir „Doc“ an seiner üblichen Stelle sitzend. Wir begrüßen ihn und er umarmt Irina, eine schöne Begegnung. Wir haben schon öfter mit ihm über Jesus gesprochen und ich habe ihm eine englische Bibel-Übersetzung an einem christlichen Bücherstand besorgt. Das Missionswerk war in Augsburg und wer Interesse hat kann sich gerne mal reinklicken (Missionswerk Heukelbach). „Doc“ freut sich darüber und ich verabschiede ihn mit den Worten „it‘s about Eternity“.

Die folgenden Tage hat Irina zweimal Logopädie, worauf sie sich schon sehr gefreut hat. Außerdem haben sich die beiden schon lange nicht gesehen und ich lasse sie alleine, um mit Naomi spazieren zu gehen. Diese Zeit ist Irina sehr wichtig und sie genießt die Zeit wie immer. Außerdem hat uns die liebe Logopädin etwas feines zum Essen mitgebracht: Lachsfilet und Antipasti-Salat – Halleluja! Vielen Dank, das war super lecker!

Nebenbei war der Hospiz-Dienst da und wir haben ein sehr gutes Gespräch. Es ist toll, dass es diesen Dienst gibt, die weit vorher schon einem zur Hilfe kommen, als man vielleicht meint. Diese Menschen arbeiten größtenteils ehrenamtlich und werden über Spenden finanziert. Wer vielleicht mal was spenden möchte oder sich informieren möchte wie dieser Dienst uns unterstützt, kann hier gerne reinschauen: Vinzenz-Hospiz. Aktuell sind wir nun dort gelistet und dürfen sie jederzeit kontaktieren.

Zusätzlich kommt ein Mitarbeiter vom Palliativ Care Team (SAPV). Traurige Erkenntnis: Irina geht es „zu gut“ als dass dieser Dienst tätig werden darf. Das „Problem“: wir haben zu viel lebensbejahende Einstellungen und Umstände. Das war auch bei der telefonischen Begutachtung für die Pflegegradeinstufung schon ein Problem. Nun immerhin klärt er uns auf, dass es tatsächlich eine Grauzone ist in der wir uns befinden und er sagt uns eine Koordinierungs-Hilfe zu. Diese beinhaltet, dass ein Arzt vorbei kommt und mit mir verschiedene Medikationen für unterschiedliche Szenarien durchgeht. Das ist alles in allem auch in Ordnung so, das Beratungsgespräch war trotzdem sehr hilfreich und auch über diesen Dienst sind wir sehr dankbar. Auch dort sind wir jetzt gelistet und bei einer Verschlechterung stehen die Menschen dort parat.

Am Nachmittag kommen Freunde aus dem im Mai gegründeten „Team Irina # Einkaufen“, bestehend aus zwei meiner Arbeitskollegen und ihren Freundinnen! Sie helfen uns seither mit Einkäufen, vielen lieben Dank, wie immer! Später bekommen wir spontan Besuch von einer guten Freundin und wir essen zusammen. Nebenbei habe ich drei Beiträge vor kurzem hochgeladen, klickt euch gerne durch. Wir arbeiten weiterhin viele Dinge auf und möchten auch in ein paar Sachen noch Licht ins Dunkel bringen.

„Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“
Johannes 8, 12

25.-27.9.2021

Beide Omas kommen zu Besuch und neben viel Spielezeit mit Naomi, planen wir mit ihren Dienstplänen voraus. Die beiden sind nach wie vor unersetzbare Stützpfeiler in unserem Alltag! Die Koordinierung macht auch Spaß und wir sind sehr dankbar für die Unterstützung.

Am Sonntag kann ich mal wieder in die Gemeinde gehen und mich auch bei allen für ihre Gebete bedanken. Irina bleibt mit Oma und Naomi zuhause, wir wollen nicht zu viel riskieren. Der geistliche Rückhalt ist enorm wichtig und der Zusammenhalt im Gebet baut uns sehr auf. Ich werde nachdenklich, wie so oft werde ich dankbar, dass ich ohne Gottes Versorgung aufgeschmissen wäre. So oft frage ich mich selbst wie schaff ich das alles bloß? Dann tritt ein Bruder ans Pult und liest einige Verse aus den Psalmen, die genau in meine Gedanken sprechen:

„Denn du hast meine Nieren gebildet; du hast mich gewoben im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir dafür, dass ich erstaunlich und wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke, und meine Seele erkennt das wohl! Mein Gebein war nicht verhüllt vor dir, als ich im Verborgenen gemacht wurde, kunstvoll gewirkt tief unten auf Erden. Deine Augen sahen mich schon als ungeformten Keim, und in dein Buch waren geschrieben alle Tage, die noch werden sollten, als noch keiner von ihnen war. Und wie kostbar sind mir deine Gedanken, o Gott! Wie ist ihre Summe so gewaltig! Wollte ich sie zählen — sie sind zahlreicher als der Sand. Wenn ich erwache, so bin ich immer noch bei dir!“
Psalm 139, 13-18

Gott hat mich genau so gemacht, dass ich das schaffe. Es versetzt mich in staunen, wie nah mir Gott gerade durch sein Wort in mein Herz und zwischen die Gedanken dringt. Ich lese noch die Verse davor und mir kommen die Tränen, wie nah Gott wirklich ist:

„HERR, du erforschst mich und kennst mich! Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. Du beobachtest mich, ob ich gehe oder liege, und bist vertraut mit allen meinen Wegen; ja, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht völlig wüsstest. Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar, zu hoch, als dass ich sie fassen könnte! Wo sollte ich hingehen vor deinem Geist, und wo sollte ich hinfliehen vor deinem Angesicht? Stiege ich hinauf zum Himmel, so bist du da; machte ich das Totenreich zu meinem Lager, siehe, so bist du auch da! Nähme ich Flügel der Morgenröte und ließe mich nieder am äußersten Ende des Meeres, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten! Spräche ich: »Finsternis soll mich bedecken und das Licht zur Nacht werden um mich her!«, so wäre auch die Finsternis nicht finster für dich, und die Nacht leuchtete wie der Tag, die Finsternis [wäre für dich] wie das Licht.“
Psalm 139, 1-12

Auch ich begreife diese wunderbare Zusage nicht vollständig, zu groß ist diese Erkenntnis. Aber der Frieden im Herzen ist viel wichtiger!

Nach dem Gottesdienst hole ich Pizza und wir lassen den Tag ausklingen.

Die Irinas haben viel Zeit miteinander, das ist uns allen sehr wichtig und etwas wehmütig verabschieden wir uns am Montag Abend, da sie am nächsten Tag sehr früh zum Zug muss. Den Rest der Woche werden wir viel Zeit mit Menschen verbringen die uns in Zukunft versorgen werden. Eine ganz besondere Freude wird es sein, dass Irinas Logopädie wieder losgeht.

24.09.2021

Der erste komplette gemeinsame Tag zurück in unserem Zuhause. Naomi hat sichtlich Freude daran und wir verbringen den Vormittag sogar ein bisschen in der Stadt – alle zusammen als Familie. „Doc“ ist heute nicht da, er hätte sich bestimmt gefreut, und wir erledigen noch ein paar Arztsachen. Zuhause bekommen wir spontan Besuch von einer Freundin, sie bringt Blumen und Cappuccino von MAK mit. Was für ein Luxus, vielen Dank nochmal. Naomi bekommt auch ein Spielzeug und wir genießen den Nachmittag zuhause. Morgen kommt Oma Irina und unterstützt uns paar Tage, auch Oma Silvia kommt auf Besuch.

Generell werden die Einträge jetzt wahrscheinlich etwas komprimierter und ich werde mehr an den Beiträgen arbeiten. Nochmal für alle die es vielleicht überlesen haben. Wir sind und bleiben in Augsburg. Ein Notfallzimmer bei meinen Eltern steht, aber es bleibt ein Notfallzimmer. Ein Umzug macht aus den verschiedensten Gründen keinen Sinn. Desweiteren dürft ihr gerne weiter beten, Irina muss am 11.10. nochmal ins Klinikum und soll am 12.10. eine künstliche Schädeldecke implantiert bekommen. Das ist dann der 7. operative Eingriff am Kopf.

23.09.2021

Irina ist seit 11:00 Uhr entlassen und wir sind als Familie wieder vereint. Vielen Dank für alle Gebete 🙏 lobt und preist unseren Herrn!

20.-22.9.2021

Die Tage bin ich wieder etwas administrativer aktiv, denn ich informiere die verschiedenen Einrichtungen für unsere Unterstützung zuhause. Palliativ Team, unsere Eltern, Ärzte, Freunde usw. Die Hilfsbereitschaft ist enorm, wofür wir wirklich dankbar sind. Wir wissen um die vielen Angebote und lasst uns wenn dann auf euch zukommen. Kommen alle auf uns zu, erdrückt uns das und wir können das gar nicht annehmen. Wir kommen auf die Angebote zurück, wenn wir den Bedarf sehen, das ist einfacher zu koordinieren, vielen Dank.
Dann telefoniere ich viel wegen finanziellen Dingen und der Arbeit. Nachdem die Krankenkasse mit dem Krankengeld alles verzögert, konnte auch die Koki der Stadt Augsburg, nicht abschließend klären, ob uns über Stiftungen Gelder zustehen. Diese Dinge gilt es auch zu klären, da im Januar das Elterngeld ausläuft und ich theoretisch wieder arbeiten gehen müsste. Dazu steht noch die Pflegeeinstufung aus und was uns hier noch zusteht. Nun ich verbringe einfach sehr viel Zeit am Telefon.

Die beste Abwechslung ist dann meine Vormittagsrunde mit Naomi durch die Stadt. Frische Luft, einkaufen, Kaffee trinken. Ich treffe „Doc“ und wir unterhalten uns über den nahenden Winter. Ich frag ihn was er braucht und er meint eine Jacke wäre gut. Nun Ich rangiere gerade eine Winterjacke aus und bringe sie ihm beim nächsten Besuch mit. Er freut sich sehr und freut sich noch mehr zu hören, dass Irina bald entlassen wird. Er jubelt und klatscht, dann zeigt er Richtung Himmel und sagt: „wir haben einen guten Gott“. Da bin ich natürlich bei ihm und wir verabschieden uns.

Die Tage im Krankenhaus sind gezählt. Wir verbringen die Zeit in einer Art Aufbruchstimmung und wegen dem kälteren Wetter verbringen wir die Zeit mehr im Klinikum. Irina geht es gut, die Physio hat ihr auch viel geholfen und sie gewinnt wieder Sicherheit in ihre Worte. Sie erzählt mir, dass sie mit einer Freundin gechattet hat und hilft ihrer afghanischen Zimmernachbarin die kein Deutsch kann. Sie merkt sich die Sachen, die Pfleger oder Ärzte mit ihr besprechen wollen und gibt sie dann an die Tochter weiter, die deutsch kann und die wie ich täglich auf Besuch kommt. Diese Sicherheit macht Hoffnung und Mut den Entlassungsschritt auch endlich zu gehen.

4 Wochen Krankenhaus. Eine Op die Irina das Leben rettete, wobei ein Teil der Schädeldecke entfernt wird. Venen werden zerstochen, Nervenwasser muss durch eine Drainage über den Spinalkanal am Rücken abgelassen werden, Fäden werden gezogen, ein Venen-Katheter wird gelegt, Medikamente über Medikamente fließen in sie ein, Übelkeit, völlige Schwäche macht sie platt. Aber eine Kraft die sie trägt: Jesus Christus.

Wisst ihr, ich laufe Marathon und ich bin schon unzählige Male über meine Schmerzgrenze gegangen. Aber für diesen gemeinsamen Marathon braucht es himmlische Kraft. Ich liebe meine Frau, wie sie das alles durchhält, und wir lieben unsere Tochter, zusammen schaffen wir das – mit Gottes Hilfe. Die Bibel spricht auch davon „den Lauf zu vollenden“.

All Glory to God

17.-19.9.2021

Die Tage verlaufen sehr schön und es war ein gelungenes Wochenende. Ich konnte mit Naomi Freitag und Samstag vormittag, zwei Familien aus unserer Gemeinde besuchen. So konnte ich meine Beziehungen pflegen, ein frisches Neugeborenes begutachten und Naomi bekam viel Spielezeit mit anderen Kiddies. Nachmittags waren wir dann wieder wie gewohnt im Klinikum bei Irina und hatten Familienzeit. Das spätsommerliche Wetter lud uns ein für Spaziergänge an der frischen Luft.

Die guten Nachrichten und ich verspreche, endlich mal ohne schlechte Nachrichten zu schließen. Irina geht es so gut wie seit Monaten nicht mehr und ihr Zustand ist stabil. Sie bekommt natürlich viel Medizin, aber sie bemerkt auch, dass ihre Sprache wiederkommt. So langsam kann sie sich selbst auch wieder vorstellen, entlassen zu werden. Aber wir sprechen intensiv darüber, denn wir wollen nichts überstürzen. Am Samstag schaffen wir es einen Besuch mit Spaziergang zu organisieren. Unsere Freundin bringt Blumen und Kuchen mit und wir haben einen sehr angenehmen Nachmittag. Am Sonntag gehe ich wie gewohnt mal wieder in die Gemeinde und am Mittag kommt meine Mutter vorbei. Wir essen Pizza und schmieden Pläne, damit wir eine vernünftige Versorgung bei uns zuhause haben, sollte Irina dann entlassen werden. Später verbringen wir den Nachmittag bei Irina, mit einem Spaziergang am Klinikum. Und wie versprochen, schließe ich heute ohne schlechte Nachrichten.

15.-16.9.2021

Irinas Mama (ich nenne sie nur noch Oma) ist zu Besuch und Unterstützung da. Ich hole sie mit Naomi vom Bahnhof ab und wir gehen unsere Vormittags-Runde durch die Stadt. Naomi sieht aus wie Irina in klein sagt sie, wir genießen die Zeit und fahren nachmittags ins Klinikum. Bei der Zugangskontrolle gehen wir getrennt rein, aber die Station hat die Ausnahme genehmigt, dafür sind wir sehr dankbar. Das Wetter ist noch schön und wir genießen den Tag größtenteils draußen. Die Ärzte kommen vorbei und wir können uns demnächst auf Irinas Entlassung vorbereiten. Am liebsten hätten wir Irina gleich mitgenommen, der Abschied fällt wieder sehr schwer, aber es war ein wunderschöner Familientag.

Am nächsten Tag wirft sich Oma mal wieder voll ins Zeug und kümmert sich um angefallene Haushalts-Sachen. Danach bereitet sie Kartoffelpuffer vor, wir hatten gestern mit Irina über leckeres Essen siniert und bringen ihr später eine Portion mit ins Krankenhaus. Es klingelt und der Sanitätshaus Lieferant ist da. Er bringt Gehwagen, Rollstuhl und Duschhocker, es sind Utensilien die wir evtl. noch brauchen. Es verdeutlicht mal wieder, dass nichts mehr wie vorher ist, aber erst mal in den Keller damit. Im Krankenhaus dürfen wir diesmal zumindest in der Eingangshalle zusammen sein, die Station macht diesmal keine Ausnahme, draußen regnet es. Leider kommt schlechte Stimmung auf, da mir das Familienwerk mitteilt, dass sie aktuell keine angemessene Hilfe bieten können, zumindest nicht in den nächsten 2 Wochen. In mir baut sich Frust auf, jetzt wo Irina bald nachhause könnte. Sehr viele Gedanken mixen sich quer und leider bekommen das meine Liebsten ab. Das ist natürlich nicht gut und überschattet leider den Besuch. Wir sind alle bedient und die beiden Irinas verabschieden sich länger zu zweit, danach bringe ich Oma an den Bahnhof. Ich bin etwas sauer auf mich selbst, eigentlich steht ein Pizzaessen mit meinen Nachbarn an, aber ich muss absagen. Den restlichen Abend arbeite ich mit Irina am Telefon unsere Situation auf. Ein enorm wichtiges Gespräch. Wir müssen uns wie immer eingestehen, dass wir nicht perfekt sind und können uns die negativen Dinge vergeben. Wir beten zum Schluss und bekommen Frieden. Ein Pastor hat mal bei der Hochzeit von Irinas Cousin gesagt, geht niemals ohne Gebet ins Bett. Das ist mit Abstand der beste Ehetipp den ich zu 100% empfehlen kann. Ich lese zum Schluss in der Bibel und denke an Mose. Ich teile es noch mit Irina und gehe schlafen. Wer selber nachlesen möchte: 5. Mose 8, 1-9. Die Gedanken die ich dazu bekam: wir befinden uns auf einer Reise und unser Vater führt uns zum Ziel, schaut auf das Ziel, hört auf den Vater, so bleibt ihr auf dem richtigen Weg.

14.09.2021

Bei meiner Vormittags-Runde sehe ich wieder „Doc“, heute sitzt einer bei ihm, wahrscheinlich ein Bekannter aus dem Milieu. Ich winke von der anderen Straßenseite, er winkt freudig zurück. Nach einem Kaffee und Pläuschchen bei MAK geht es Richtung Klinikum. Heute habe ich Brei-Gläschen und Gläschenwärmer dabei, damit Mama auch mal wieder in den Genuss des Fütterns kommt. Ohne Trip-Trap eine witzige Angelegenheit. Naomi auf Irinas Schoß, ich bewaffnet mit Löffel und Happa-Happa Richtung Mund, aber es klappt ganz gut und wir haben Spaß. Die Familienbetreuerin kommt und sagt, dass sie eigentlich überflüssig ist. Sie betreut häufiger Paare, wo der Partner oder die Kinder nicht kommen können oder traurigerweise nicht kommen wollen. Aber sie kommt gerne und wir unterhalten uns gut. Später gehen wir wieder spazieren, Irinas Zustand ist schön stabil, endlich mal. Diese Stabilität erweckt in uns Spätsommer-Gefühle und die Abschiede abends fallen uns schwer. Zu unserer Freude schläft Naomi bei Irina im Bett und im Arm ein. Wir danken Gott, dass er uns hier diese Vielzahl an schönen Familien-Momenten ermöglicht, in dieser schweren Zeit. Aber wie so oft blieb Irina wieder mal nichts erspart, es stand der Fadenzug an. Warum auch immer durften Studenten ran, ich muss mich zurückhalten nicht erbost darüber zu sein. Nichts gegen das Anlernen, aber Irina hatte Schmerzen wie nie und das ist nicht das erste mal, dass ihr die Fäden dort gezogen wurden. 20 mal draufbeissen, Tränen fließen, die Studenten haben Mitleid, wollen abbrechen, aber das kommt für Irina nicht in Frage. Jetzt müssen die da auch durch! Hart im nehmen, das macht mich sprachlos und stolz zugleich – meine Frau, eine Kämpferin! Trostpflaster: Irinas Mama kommt morgen für zwei Tage und wie es aussieht, macht das Klinikum eine Ausnahme bei der Besuchsregel!

13.09.2021

Vormittags dreh ich meine Runde mit Naomi in der Stadt und treffe „Doc“ unseren Obdachlosen Freund. Er erkundigt sich wieder nach Irina und lässt Grüße ausrichten. Dann fällt ihm ein, dass er nachgesehen hat und Irinas Nummer ist nicht mehr in seinem Handy. Wahrscheinlich hat er sie irgendwie verbaselt und ich gebe ihm meine. Ein Mann kommt vorbei und fragt ihn ob er einen „Kurzen“ will, Doc nickt freudig und der Mann geht ihn irgendwo besorgen. Ich werfe ihm etwas in seine Büchse und sage ihm noch ist meine Frau da und der Glaube trägt sie. Er lächelt und bevor wir uns verabschieden, begrüßt er noch Naomi im Kinderwagen.

Die Zeit im Klinikum war heute sehr schön. Irina wirkt sehr gekräftigt und wir gehen wieder eine längere Runde spazieren. Wir haben auch trotz der Wortfindungsschwierigkeiten eine richtig intensive Zeit und schöne Gespräche. Wir haben uns fest vorgenommen weiter so zu glauben, dass Irinas Leben in Gottes Hand ist und er aus Gnade ein Überwinden des Tumors schenken kann. Diese Hoffnung tut gut. Irina kann heute Naomi sogar mal wieder stillen. Alles in allem ein schöner Tag und wir danken dem Herrn dafür.

11. - 12.09.2021

9/11 jährt sich zum 20. mal, ich war damals 16 Jahre alt. Mehr als 3000 Menschen verloren damals ihr Leben, das war schon ein prägendes Erlebnis. Was ist das für eine verrückte Welt, dachte ich mir damals. Wenn du in einem Hochhaus festsitzt, aus dem Fenster siehst und es fliegt ein Flugzeug auf dich zu, was tust du? Ich denke viele haben gebetet. Immer noch ein unfassbar schlimmes Ereignis – so viel Tod und Leid – diese verrückte Welt.

In Augsburg brennt bis heute ein Gebäude ab und durch das Löschwasser wird das Leitungswasser verunreinigt. Meine Nachbarn helfen mir sofort, einer selber frischer Papa, bringt mir Wasser aus dem Supermarkt und unsere WG geht für mich Getränke einkaufen. Es ist echt toll eine gute Nachbarschaft zu haben, vielen Dank nochmal. Generell wird mir andauernd sehr stark Hilfe angeboten, ich bin sehr dankbar für die vielen Angebote!

Die Tage im Krankenhaus verlaufen ruhig und entspannt, Irina ist gut bei Kräften und wir können eine Runde spazieren gehen. Sie schiebt sogar den Kinderwagen und es kommen Familiengefühle auf. Eine Arbeitskollegin von Irina bringt später Blumen vorbei, mit einem Treffen klappt es leider nicht, die Corona-Einlassregeln sind nach wie vor sehr streng.

Am 12.9. kommt meine Mutter und hat Oma-Zeit mit Naomi. Wir haben das so geplant, damit ich mal wieder in die Gemeinde zum Gottesdienst gehen kann. Mittags essen wir gemeinsam und ich bin dankbar für die Unterstützung. Am Nachmittag bin ich wieder im Klinikum und wir genießen die Zeit. Wir kommen mit der Zimmer-Nachbarin ins Gespräch, sie ist 85 Jahre und wird morgen operiert. Sie spricht mit uns über das Sterben und wir kommen auch auf Gott zu sprechen. Sie glaubt an den Himmel, aber so ganz klar ist ihr nicht, ob und wie sie dahin kommt. Ich kann ihr von Jesus dem Erlöser erzählen und wir reden über die gute Nachricht. Ich sage ihr zu, dass wir für sie beten und sie sagt, sie wird vor der OP morgen auch noch beten. Ein Vers wird mir in unserem Gespräch präsent den ich mit ihr teile:

„Da sprach Jesus wiederum zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ich bin die Tür für die Schafe.“ und

„Ich bin die Tür. Wenn jemand durch mich hineingeht, wird er gerettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden.“
Johannes 10, 7 und 9

Irina und ich verabschieden uns. Wir vereinbaren für sie zu beten und ich teile ihr noch ein, zwei Bibelstellen mit. Denn Gott sei Dank, Irina kann trotz Einschränkungen wieder besser lesen und ihre Bibel liegt neben ihrem Bett.

10.09.2021

Der Blog war bis heute offline. Auf Grund eines technischen Defekts konnte ich ab dem 02.09. keine Beiträge mehr bearbeiten. Es wird demnächst eine zweite Timeline geben, da die Länge dieses Beitrags die Ladezeiten zu sehr beeinträchtigt.

Am Vortag bekam Irina endlich ihre Drainage am Rücken entfernt, leider verlief die Entfernung nicht ganz schmerzfrei, aber sie ist seither wieder beweglicher. Leider währte die Freude aber nur kurz, ihre Venen sind nicht mehr geeignet für weitere Zugänge. Das hatte sich leider abgezeichnet, die Tage zuvor musste ihr mehrmals am Tag ein neuer Zugang gelegt werden. Für die Intravenöse Antibiotika Versorgung braucht sie aber einen Zugang. Es hilft alles nichts, sie muss sich wieder einem kleinen Eingriff unterziehen lassen, bei der ihr ein zentraler Venen-Katheter (ZVK) in den Hals gelegt werden soll. Die Ärzte besprechen alles recht schnell und gehen dann wieder. Frust macht sich breit, sie findet es nicht ok, dass das alles über ihren Kopf entschieden wird. Die Erklärung der Ärzte war zu schnell. Ich betreibe mal wieder Schadensbegrenzung und erkläre ihr nochmal ausführlich warum es keine andere Option gibt. Es macht das Ergebnis nicht besser, aber sie versteht es nun, da alle Informationen angekommen sind. Die Ärzte entscheiden sie noch eine Nacht ohne Katheter auskommen zu lassen und heute Vormittag war es dann soweit. Bei meinem Besuch am Nachmittag beschreibt sie, dass sie vor Schmerz geschrien hat. Ich sehe nur das Resultat der Schläuche aus ihrem Hals hängend. Naja einziger Trost ist, dass das jetzt „nur“ einmal schmerzhaft war und die schmerzhafte Stecherei an den Armen und Händen nicht mehr vorkommt. Ein schwacher Trost – dafür ist Naomi heute besonders gut aufgelegt und wir haben eine schöne Zeit.

Aktuell kann man nichts genaueres sagen, die Entzündungswerte werden überprüft und sind zumindest mal nicht gestiegen. Ansonsten muss mindestens bis Ende nächster Woche weiter intravenös Antibiotika rein und so lange bleibt sie natürlich stationär im Klinikum. Aber wie weiter unten beschrieben, bis auf dass sie Naomi und mich nicht dauerhaft sehen kann, tut ihr der Aufenthalt nach wie vor sehr gut. Trotzdem fallen die Abschiede immer schwer.

08. - 09.09.2021

Ich treffe in der Innenstadt immer wieder einen obdachlosen dunkelhäutigen (wahrscheinlich Amerikaner), wir haben ihn vor ein paar Jahren kennen gelernt. Irina hatte ihn bei einem jährlichen Protestmarsch gegen Menschenhandel, dem Walk for Freedom von A21, durch die Innenstadt kennengelernt. Wir laufen jedes Jahr mit und setzen uns für Menschen ohne Stimme ein – insbesondere für Zwangsprostituierte. Er saß am Straßenrand und kam mit Irina ins Gespräch. Sie wiederum erzählte ihm von Jesus und ihrer Tumorgeschichte. Sie machte einen „Deal“ mit ihm: Sie kommt jedes Jahr hier vorbei, so Gott will, lebt sie dann noch und dann wird sie ihn wieder ansprechen. Mittlerweile haben wir ihn schon öfter im Jahr angetroffen und wir unterhalten uns dann mit ihm. Wir geben ihm immer etwas Geld und er hat unsere Telefonnummer, falls der Winter mal härter wird oder er eine Dusche braucht – bisher hat er nicht angerufen. Dieses mal treffe ich ihn alleine an und er fragt nach wie es Irina geht. Er zeigt sich betroffen, ich beruhige ihn und erinnere ihn an Irinas Glaube an Jesus. Er wird nachdenklich und ich frage ihn wie er heißt. Das war forsch, manche Obdachlose wählen bewusst die Anonymität der Straße oder wollen gerne vergessen wer sie sind – er zögert, dann antwortet er lächelnd: Ich gebe dir meinen Spitznamen, ich werde Doc genannt. Er buchstabiert mit seinem amerikanischen Slang seinen Spitznamen und ich muss schmunzeln. Meine engsten Freunde wissen warum, ich werde in diesem Kreis ebenfalls Doc genannt. Er lacht herzhaft, als ich das ebenfalls lachend auflöse und wir geben uns die Faust. Ich werfe ihm was in seine Dose und wir verabschieden uns, ich wünsche ihm Gottes Segen und berichte Irina von meiner Begegnung mit unserem Amerikaner, worüber sie sich sehr freut. „Doc“ sitzt meistens am Anfang der Maximilianstraße kurz nach dem Rathausplatz auf Höhe vom Rewe. Falls ihr ihm mal begegnet, werft ihm ruhig was in seine Dose und richtet ihm einen schönen Gruß von uns aus.

Ich liebe meine Stadtbegegnungen und bete immer wieder, dass Gott mir doch Menschen zeigt, denen ich etwas gutes tun kann oder mit ihnen ins Gespräch über den Glauben kommen kann. So kam es auch wieder als ich mittags in der Stadt im Außenbereich eines Restaurants saß. Ein ziemlich alter Mann (mindestens 80 Jahre) fragte, ob er sich zu mir an den Tisch setzen dürfte und wir kamen ins Gespräch. Ich sah wie er unter dem Tisch die Hände zum Gebet faltete vor dem Essen. Aber zunächst fragte er mich, ob ich „einer dieser alleinerziehenden Väter“ wäre. Ich schmunzelte, ich habe schon öfter Blicke bemerkt bei denen ich diesen Gedanken auch schon vermutete. Ich erklärte ihm unsere Situation und er entschuldigte sich, dann erklärte er mir, dass vor 20 Tagen seine Ehefrau gestorben ist. Jetzt tat ich mein Beileid kund und sagte, dass uns in schweren Zeiten der Glaube an Jesus Christus hilft. Er schmunzelte und sagte, dass er Pfarrer war, auch ihn trägt der Glaube an Jesus. Ich frage ihn ob er klar kommt im Alltag, die Bibel sagt wir sollen insbesondere für Witwer da sein, aber er ist gut versorgt. Wir tauschen uns noch etwas aus über Gemeinde und seinen Dienst, dann teile ich folgendes Wort mit ihm aus meiner kleinen Bibel die ich immer dabei habe:

„Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben. Glaubst du das?“
Johannes 11, 25-26

Er wirkt nachdenklich, ich erwische mich bei dem Gedanken, nur weil er Pfarrer war, heißt das nicht, dass er gerettet ist. Er kennt die Stelle und wir verabschieden uns mit Segensgruß.

Am Abend bin ich bei meinem Nachbarn auf seinen Geburtstag eingeladen. Dank Babyphone konnte ich länger bleiben und es war eine nette Runde.

05. - 07.09.2021

Die Tage verlaufen ähnlich ab, Naomi und ich bekommen einen guten Rhythmus rein, Irina auch. Wir sind vormittags meistens in der Stadt, besorgen Kleinigkeiten für zuhause oder auch Blumen für Irina um ihr Zimmer zu verschönern und ihr eine Freude zu machen. Wir drucken mal Fotos aus und bringen sie am Nachmittag mit ins Klinikum. Die Drainage am Rücken macht Irina trotzdem zu schaffen, auch wenn es offensichtlich hilft die Wunde am Kopf zu stabilisieren. Sie ist immer noch enorm schwach und nicht jeden Tag schaffen wir es dann auch mal an die frische Luft. Leider funktionieren die Absprachen mit den Ärzten wieder nicht und es macht uns immer noch zu schaffen, obwohl wir es mittlerweile gewohnt sind. Dafür schaltet sich der Palliativ-Dienst des Klinikums ein und versprüht Hoffnung die Kommunikation zu verbessern. Hier schaltet sich auch eine Familienbetreuerin ein, die sich in der Zeit im Krankenhaus unserer annehmen will. Zwischendrin bekommt Irina Physio von einer mittlerweile bekannten Pflegekraft. Irina tut der Krankenhaus-Aufenthalt insgesamt in allen Bereichen gut, klar wäre sie gerne zuhause, sie wäre ja auch gerne gesund, aber in ihrer Situation ist v.a. die medizinische Betreuung und Überwachung enorm wichtig. Sie erzählt, wie stark belastend die Zeit doch zuhause war, als ihr Gesundheitszustand rapide schlechter wurde. Sie hatte teilweise kein Raum und Zeitgefühl mehr durch ihre vielen Knockout-Phasen, was in ihr zusätzlich Stress verursacht hat. Durch den Krankenhaus-Alltag kommt für sie mittlerweile eine spürbare Entlastung an, der Rhythmus tut ihr gut, immer kommt wer auf Knopfdruck und kann angemessen auf ihre Schmerzen reagieren. Sie bekommt ihre Mahlzeiten, kann einfach schlafen und freut sich dann auf die Nachmittage mit Naomi und mir. Wir wurden auch mal traurig, Irina fühlte sich als „Last“ und wir mussten uns darüber trösten, dass das nicht wahr ist. Wir beten am Telefon, beide unter Tränen, wir wissen dass diese Gedanken nicht der Wahrheit entsprechen und befehlen diese Sorgen unserem Vater im Himmel an. Die einzige Waffe gegen solche Gedanken ist das Gebet. Die einzige Möglichkeit solche Gedanken zu überwinden, ist der Glaube. Kinder Gottes werden durch ihren Herrn Jesus Christus getröstet, weil Er es uns versprochen hat. Er hat uns gerettet, seine Gnade genügt. Die Wahrheit, Seine Liebe zieht in unsere Herzen ein, wir werden dankbar, Seelenschmerz lässt nach, Friede breitet sich aus, mach das mal ohne Glaube, ohne Jesus bleibt man einfach verloren. Mal wieder erreicht uns eine Nachricht von einem Bruder, dem Mann unserer Logopädin. Sie sind weiter im Gebet und er hat folgendes Wort für uns:

„Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum erkennt uns die Welt nicht; denn sie hat ihn nicht erkannt. Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“
1. Johannes 3, 1-2

04.09.2021

Mein Geburtstag. Einige haben es scheinbar noch nicht mitbekommen, deshalb hier nochmal offiziell, ich bin seit Ende August (s. Eintrag 28.08.) wieder zurück in unserer Wohnung in Augsburg. Nach reichlicher Überlegung sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass es in Augsburg und zuhause erstmal sinnvoller ist zu verbleiben. Wir werden eine Versorgung für zuhause aufbauen, in Absprache mit Palliativ-Dienst und der Neurochirurgie des Klinikums. Insbesondere die medizinische Betreuung war einer der Hauptbeweggründe nicht zu meinen Eltern zu verlegen. Die Ärzte kennen Irina seit Auftritt der Krankheit und wir haben jetzt einmal live erlebt, wieviel wichtiger es ist, dass Ärzte den Patienten kennen. Das Netzwerk hier ist wunderbar und eine Betreuung kann einfach besser organisiert werden. Zu den Eltern verlegen, bleibt der Notfallplan.

Am Vormittag kommen meine Eltern spontan auf Besuch und wir machen ein klassisches bayerisches Weißwurst-Frühstück. Der Besuch war sehr schön und ich verabschiedete mich nachmittags Richtung Klinikum. Zu meiner Überraschung hatte Irina mir sogar ein Geschenk organisiert. Ich war echt gerührt, nicht zu sehr über das Geschenk an sich, sondern, dass sie es geschafft hat, trotz ihrer Einschränkungen das Geschenk zu organisieren. Das ist einfach meine Frau, für solche Momente liebe ich sie nochmal mehr als sonst schon. Gegen 18:00 Uhr verlege ich nachhause, es kommen zwei Brüder aus unserer alten Gemeinde und wir bestellen Pizza. Später kommen noch ein gemeinsamer Freund und Arbeitskollege, sowie mein Nachbar mit seiner Freundin. Ich bleibe länger wach als gewöhnlich, die Stimmung ist locker, wir stoßen an und hören Musik. Trotz der gesamten Situation ist es ein gelungener Geburtstagsabend gewesen. Vielen herzlichen Dank auch nochmal an alle Gratulanten!

03.09.2021

Am Vorabend rief Irina mich noch kurz an und machte einen erstaunlich guten Eindruck am Telefon. Ich war so dankbar ihre Stimme zu hören. Gleichzeitig stürzte der Blog ab und blieb eine Woche offline. Am Tag selber hatten wir bereits geplant, dass eine gute Freundin auf Besuch kommt. Nach hin und her mit Berücksichtigung der Umstände, konnten wir uns einigen, dass der Besuch stattfinden kann. Irina und die Freundin freuten sich sehr darauf und konnten den Tag genießen. Ich kam am Nachmittag mit Naomi dazu und wir trafen uns vor dem Klinikum. Dann wurde es Irina plötzlich übel und etwas Flüssigkeit trat an der Punktierung am Rücken aus. So wurde es für mich nur ein kurzer Besuch und die Freundin schob Irina wieder auf Station. Dort versorgte man ihren Rücken, es war halb so schlimm, aber natürlich wieder mal etwas ärgerlich. Dennoch genossen v.a. die beiden Freundinnen die Zeit miteinander. Zum Thema Besuch sei folgendes gesagt: Es gelten aktuell Corona Regeln, daher darf pro Tag nur eine Person zu den Besuchszeiten kommen. Leider zähle ich auch als „Besucher“ und ich bin logischerweise jeden Tag im Klinikum, da ich als Angehöriger und Bevollmächtigter, neben der Betreuung von Irina, auch zur Koordination und für Besprechungen mit den Ärzten anwesend sein muss. Diese Besuchsregel macht bei einer 3-G Regel meiner Meinung nach keinen Sinn und es war auch schon vor Corona in den Zimmern nicht mehr Platz als für einen Besucher. Wir arbeiten an einer Ausnahme, bis dahin bitten wir weiter um Geduld. Wir haben vor ein paar Besuche strukturiert und dem Gesundheitszustand von Irina angemessen zu ermöglichen. Nachdem ja doch der Spätsommer noch angebrochen ist und es auch mit den Aerosolen besser ist, versuchen wir es außerhalb vor dem Klinikum zu organisieren.

02.09.2021

Ich mache Irina ein Video von einem Klavier- und Geigenspieler Duett in unserer Fußgängerzone. Sie liebt solche Künstler und gibt ihnen immer was, das übernehme heute ich. Ich kaufe noch Blumen am Stadtmarkt und fahre nachmittags zu Besuch. Dann die traurige Situation, die mich doch ziemlich trifft. Der Liquor-Ausgang am Rücken macht sie ziemlich fertig und hat sie ans Bett gefesselt. Die Zimmer-Nachbarin schildert mir geschockt wie schlecht es Irina heute ging. Sie bekam Spritzen gegen Schmerzen, musste sich mehrmals übergeben und schlief dann immer wieder weg. Der Anblick macht mich fassungslos und traurig. Durch den Druckverlust am Kopf, zeigt sich jetzt eine große Deformation wo ihr die Schädeldecke entfernt wurde. Sie ist vollkommen entstellt und ich beruhige mich, das wird wieder und sie setzen ihr ja bald eine künstliche Platte ein. Trotzdem der Anblick macht mich fertig, ich geh erstmal spazieren, beten, weinen, durchatmen, wieder zurück. Sie wacht kurz auf und geht auf Toilette. Sie lächelt unter Schmerzen, kurzer Kuss, kleiner Schmuser mit Naomi, dann wieder Bett, sie schläft wieder ein. Ich flüstere ihr ins Ohr „halte durch, Jesus liebt dich und ich liebe dich auch, Gottes Segen, denk an die Ewigkeit“. Sie sagt: „ich weiß, ich liebe dich auch, danke für die Blumen“.

Mich erreicht ein Gruß unserer Logopädin:

„Du bist gut und tust Gutes; lehre mich deine Anweisungen!

Deine Hände haben mich gemacht und bereitet; gib mir Einsicht, damit ich deine Gebote lerne!

Herr, ich weiß, dass deine Bestimmungen gerecht sind, und dass du mich in Treue gedemütigt hast.

Lass doch deine Gnade mein Trost sein, nach deinem Wort an deinen Knecht!

Lass mir deine Barmherzigkeit widerfahren, dass ich lebe! Denn dein Gesetz ist meine Freude.“

Psalm 119:68 , 73 , 75 – 77 SCH2000

Möge das unser aller Gebet sein!

Herzliche Grüße

01.09.2021

aktuell tut sich nicht viel, Irina geht es soweit ganz gut. Der Rhythmus im Klinikum tut ihr gut, v.a. weil auch endlich angemessen und adhoc auf ihre Schmerzen reagiert werden kann. Diese werden so immer weniger und gestern hat ihre Physio begonnen. Ich darf sie täglich besuchen, auch mit Naomi, denn eigentlich sind Kinder im Klinikum nicht erlaubt zur Zeit. Unsere Station hat aber eine Ausnahme gemacht, dafür sind wir sehr dankbar. Gerade die Zeit mit unserer Tochter tut Irina einfach gut und wir spielen und blödeln rum, mit 7 Monaten ist Naomi auch genau im richtigen Alter. Heute ist schönes Wetter und wir werden vielleicht mal rauskommen. Hier nehmen wir zur Unterstützung dann einfach einen Rollstuhl mit, der hat beim Besuch ihrer Mama auch geholfen. Wir genießen die Zeit sehr und müssen weiter abwarten, wie die Wundheilung nach dem Infekt sich entwickelt.

Ein gebrauchter Tag geht zu Ende. Leider musste heute Abend wieder ein kleiner sehr unangenehmer Eingriff vorgenommen werden. Seit der Op und auch schon davor, bildete sich in der OP-Wunde am Kopf Nervenflüssigkeit und bahnte sich den Weg durch die Narbe nach draußen. So kann die Wunde nicht heilen und sich sogar wieder neu entzünden. Was aber viel schlimmer wäre, ist wenn das Nervenwasser nicht mehr den Weg nach draußen sucht, sondern nach innen, dann geht es aufs Gehirn. Das muss jetzt nach tagelanger Beobachtung unterbunden werden, da es von alleine nicht abgeheilt ist. Das bedeutete ein lokal betäubter Zugang am Rücken und eine Dreinage durch den Spinalkanal, damit das Nervenwasser nach unten abfließt. Irina ist tapfer, aber sie leidet starke Schmerzen. Ich bin mit Naomi im Zimmer ums Eck und wir beten. Nur ihr Glaube an den Herrn Jesus trägt sie, nichts und niemand kann ihr diese Last nehmen. Der Tag mit Naomi war trotzdem sehr sehr schön. Sie ist immer total aufgeweckt, wenn sie Mama sieht, ich merke ja den Unterschied, das macht uns sehr glücklich. An unsere Geschwister, lasst uns für Frieden in Irinas Herz beten, dass sie ihr Leid weiter tragen kann und ihre Hoffnung weiter anhält und sie alles auf unseren Allmächtigen Gott werfen kann. Denn:

„Siehe, das Auge des Herrn achtet auf die, welche Ihn fürchten und auf Seine Gnade harren, damit er ihre Seele vom Tod errette.“
Psalm 33, 18-19