Liebe auf den ersten Blick?

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Diese Frage ist natürlich nicht einfach zu beantworten. Ich denke viele haben das genau so erlebt und würden sagen ja das gibt’s, andere wiederum haben das nicht erlebt oder wurden enttäuscht und reagieren ablehnend. Es ist ähnlich wie mit der Aussage: Liebe macht blind. Es stimmt ja faktisch nicht, aber jeder weiß was gemeint ist und kann mehr oder weniger schmunzelnd zustimmen. „Da ist schon was dran“ würden diese sagen. Andere wiederum reden auch von einer „rosaroten Brille“, aber würden sagen, dass sie die nicht aufhaben.

Ich persönlich denke, dass zumindest die meisten Befürworter von, der Liebe auf den ersten Blick, nicht bis in letzter Konsequenz ehrlich sind. Aber wo wir uns alle einig sind, ist, dass der Mensch das Thema Liebe seit Anbeginn der Zeit aus allen Ecken beleuchtet hat und das immer noch tut. Es scheint wie ein unendliches Forschungsgebiet zu sein, dessen Lösung total simpel scheint, aber welchen Weg man auch einschlägt, man kommt nie zu einem endgültigen Ergebnis.

Ich habe lange überlegt, ob ich zu diesem doch recht „durchgekauten“ Thema überhaupt etwas schreiben soll und bin zu dem Entschluss gekommen, zumindest etwas zur Perspektive zu sagen. Es geht ja schließlich um den Blick und ich denke, dass er bei der Erörterung der Frage, nicht ganz unerheblich ist. Ich möchte auch aus unserer eigenen Erfahrung etwas berichten und erklären welche Rolle Gott hierbei gespielt hat.

Irina und ich stellten uns im Laufe unserer Beziehung auch mal die Frage, ob es bei uns tatsächlich Liebe auf den ersten Blick war. Schnell stellten wir fest, dass diese Frage nicht so leicht zu beantworten ist. Als ich noch ungläubig war, legte ich mich einfach fest und behauptete irgendwann „ja, es war Liebe auf den ersten Blick“. Als Gläubiger sah ich die Sache dann wieder etwas anders: „die Gefühle waren echt und ich war schnell verliebt, aber es war nicht Liebe auf den ersten Blick“. Bei Irina war es einfacher, denn sowohl als Gläubige, wie auch vorher als Ungläubige, war ihr Urteil gleich: „Es war beides mal betrachtet, nicht die Liebe auf den ersten Blick“; typisch Frau? … ich versuche hier nicht weiter Klischees zu bedienen und abzuschweifen, obwohl dieses Thema typisch Mann, typisch Frau, logischerweise öfter mal angekratzt wird.

Nun ich finde man sieht schon, dass der Blick eine Rolle spielt und man beim Thema Liebe besser ehrlicher ist als sonst. Meiner Meinung nach gestehen sich die meisten Menschen nämlich nicht ein, dass sie überhaupt nicht genau wissen was die Liebe ist. Sie legen sich aber dann bei (v.a.) der Partnerwahl sehr schnell fest, was die Liebe ist. Hier ist die Gefahr groß, dass aus dem echten Gefühl des verliebt seins, ein falscher Rückschluss auf echte Liebe gezogen wird. Die Gefühlsebene übernimmt letztendlich die Verstandsebene – das könnte man wiederum als die rosarote Brille bezeichnen. So werden schnell Dinge aus dem Schmetterlingsbauch entschieden und getan, bevor man darüber nachdenkt.

Leider kommt für viele Paare oft später dann das Erwachen, nämlich wenn der Verstand sich einschaltet und es kommt auch zu Verletzungen. Das ist immer unschön, man erkennt plötzlich Fehler, aber die wenigsten reflektieren wahrscheinlich bis zu dem Punkt, dass sie nicht wissen was Liebe ist. Eher sieht und sucht man an der Oberfläche und dann auch mehr die Fehler beim Partner. Ist ja auch einfacher.

Plötzlich schwenkt der Verliebtheitsmodus um in eine Erwartungshaltung. Und jetzt wird’s haarig: wie soll jemand der nicht weiß was Liebe ist, erwarten können, dass das Gegenüber sein Bedürfnis nach Liebe erfüllt? Das ist das Problem mit dem Verliebtsein und der Gefühlsebene, man erwartet dass der Partner diese Gefühle ausnahmslos erwidert. Das passiert ja auch in den meisten Fällen, aber eben oft nur in der Verliebtheitsphase oder oberflächlich und letztlich mit einem fehlerhaften Bild von Liebe.

Wenn dann Gefühle gemäß diesen Erwartungen nicht mehr erwidert werden, schwenkt man um auf die Verstandsebene und sucht nach Erklärungen. Es beginnt eine Phase in denen man verzweifelt versucht die „alte Liebe“ wieder anzukurbeln. Diese Phasen sind natürlich bei jedem völlig unterschiedlich lang oder intensiv ausgeprägt. Hier ist der Mensch viel zu individuell geschaffen, als dass man jetzt sagen könnte, so oder so ist’s bei jedem. Charakter, Persönlichkeit, Prägungen etc. spielen hier wesentliche Rollen, so ist es schwer es allgemein auszudrücken. Aber ich denke jeder kennt trotzdem die Situation und kann sich bisschen in die Lage reinversetzen.

Bei vielen führt das zu Streit, Eifersucht, aber auch zu Lügen und Ausreden, ja sogar zu Missbrauch, Fremdgehen und oft dann auch zu Trennung. Ich denke bei diesen Endresultaten sind wir uns einig, das wäre eine Zielverfehlung.

Nun, wie war das jetzt bei uns? Ich habe mich in einigen Punkten wiedergefunden und bin selbst durch einige Täler der Liebe gegangen, die oft in Trennung und Verletzung mündeten. Bei Irina war es ähnlich, immer wenn sie meinte am Zenit der Liebe zu sein, ging irgendetwas schief in ihren vorherigen Partnerschaften. Es führte zu Trennung und Herzschmerz.

So lernten wir uns auch beide damals kennen, ich mitten in einer Scheidung – sie kurz nach einer Trennung. So hatten wir beide riesige Baustellen und keinen Platz für eine Partnerschaft, dennoch verliebten wir uns. Also doch Liebe auf den ersten Blick? Ja und nein!

Aus der damaligen Perspektive würde ich sagen nein, denn wir gestanden uns beide damals nicht ein, dass wir die Liebe nicht kannten. Wir genossen es einfach, dass wir in uns einen Seelenverwandten gefunden hatten und fühlten uns sicher und geborgen. Das sind ja auch alles schöne Komponenten der Liebe, ohne Zweifel, aber das meiste hat sich erst entwickelt, auf den ersten Blick war das nicht abzusehen. Sagen wir mal so unser erster Blick war ungefähr: wir probieren es mal, denn verliebt waren wir trotzdem.

Wie komme ich zum Ja – also doch Liebe auf den ersten Blick. Nun diese Perspektive hat mit einem Sinneswandel zu tun, als wir zum Glauben kamen. Gott spielte für uns bisher in keiner Beziehung eine Rolle und auch in unsriger bis dato nicht.

Als wir uns zu Gott bekehrten, fand eine 180 Grad Wende statt und so zogen wir radikal und konsequent ehrlich Bilanz. Diese Bilanz viel nüchtern gesagt so aus wie ich weiter oben mal ein Fazit gezogen habe: Zielverfehlung. Wir konnten es drehen und wenden wie wir wollten, wir waren doch immer gute Menschen möchte jemand meinen. Aber wie in vielen anderen Lebensbereichen auch, mussten wir aufrichtig eingestehen, dass wir nie wussten was Liebe ist. Diese Bilanz tat durchaus auch weh, aber es war v.a. eins: total befreiend. Durch unser hinwenden zu Gott, löste er unser Versagen auf und füllte es durch sein Wort (die Bibel). Diese Liebe ist unbeschreiblich groß und so fantastisch, dass wir nie wieder loslassen wollten und Gott fügte uns komplett zusammen.

Irina sagte irgendwann dann mal: „Ich bin mir jetzt ziemlich sicher, Gott hat uns damals zueinander geführt und zusammengestellt“. Also doch Liebe auf den ersten Bilck.

Dieses Kapitel führte in ein Verlobungsjahr und schließlich zur Hochzeit. 

Ein Abschlussgedanke:

Für uns war absofort im Glauben v.a. in Bezug auf die Liebe ein bekannter philosophischer Spruch hilfreich: „Ich weiß, dass ich nix weiß.“ So Platon. Gott gibt die Lösung bezüglich Wissen:

„Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Weisheit,
und die Erkenntnis des Heiligen ist Einsicht“.
Sprüche 9, 10

Umkehr zu Gott aus Glauben gibt ganz neue Erkenntnis in Bezug zur Liebe. Es braucht aber eben Einsicht: „Ich weiß, dass ich nix weiß“. Mach den Selbsttest, ob du genügend über die Liebe weißt, wie definierst du Liebe überhaupt? Was ist die Liebe?

Wir alle brauchen Liebe, aber sie ist eben mehr als nur ein Gefühl. Bevor wir uns festlegen was die Liebe ist, lassen wir abschließend die Bibel sprechen, die uns vor allem sagt wie die Liebe ist! Und wie sie eben nicht ist.

„Die Liebe ist langmütig und gütig,
die Liebe beneidet nicht, die Liebe prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf;
sie ist nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern,
sie rechnet das Böse nicht zu; sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit,
sie freut sich aber an der Wahrheit;
sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.“
1. Korinther 13, 4-7