Dein Freund und Helfer
Christ und Polizist, geht das eigentlich? Bei meiner Bekehrung sagte meine Mutter mal etwas nervös, sie bittet mich, dass ich jetzt nicht sofort meinen Beruf kündige. Irgendwie schien sie zu spüren, dass mich die Frage nach der Vereinbarkeit meines Berufs mit der Nachfolge Jesu umtrieb. Ich war ungläubig als ich Polizist wurde und für mich war es wichtig diese Frage der Vereinbarkeit nun als Gläubiger zu prüfen. Ein Thema u.a.: Gewaltausübung und Schusswaffengebrauch. Ich kürze ab: ich bin immer noch mit voller Leidenschaft Polizist und Christ. Ich schreibe wie es dazu kam und was ich erlebt habe, wie der Herr mich hier geleitet hat und wieso es meiner Meinung nach klar zu vereinbaren ist. Aber zunächst Uhren auf Anfang und kurz bisschen Lebenslauf, auch v.a. für die Leser aus meinem Kollegenkreis.
Ich machte 2008 meine Ausbildung in Eichstätt bei Ingolstadt. Hier fasste ich ab Hälfte der Ausbildung den Entschluss, danach in eine Sondereinheit, das Unterstützungskommando (USK) zu gehen. Für das extrem sportliche Auswahlverfahren musste ich ab dem Moment viel trainieren, insbesondere Kraft- und Lauftraining waren angesagt. Ersteres war bis dahin nicht meine große Stärke, zweiteres dafür umso mehr und ich bestand die Aufnahmetests. So kam ich 2011 in den „Nachwuchszug“ des USK Dachau – 6 Monate Grund- und Intensivausbildung – das mental und körperlich härtestete was ich je gemacht habe. Unser Zugführer „quälte“ uns von Tag 1 ab und nach einem flotten Trainingslauf gab der erste auf. Die nächsten zwei gingen, als uns der Zugführer nochmal verdeutlichte um was es ging: „Männer, wir sind die Elite, nach uns kommt niemand mehr. Wenn wir in den Einsatz gehen, muss dir eines immer klar sein: wir sind die letzte Instanz.“ So wurde dann auch die nächsten 6 Monate trainiert – als wäre es unser letztes Training. Am Ende blieben von 31 Bewerbern 19 geschmiedete Männer übrig u.a. auch ich, denn ich bestand die Ausbildung. Was blieb? Mein Spitzname: Heli. Ich wurde bei s.g. Belastungstagen, ein Intensivtraining bei dem man mehrere Tage ohne Kenntnis über Ort und Zeit in den Bergen belastet wird, vom Helikopter abgeholt, da ich mit einer kleinen Überdosis an Schmerzmitteln einfach zusammengebrochen bin. Schmerztabletten wegen Oberschenkelbluterguss, 40 Grad, Berge, viel Gepäck, wenig Verpflegung, keine gute Idee. 70% Nierenversagen, kopfschüttelnde Ärzte und ein Tag Überwachungsstation waren das Resultat. Das hat sich gelohnt.
Aber was soll ich sagen, ich bin sehr dankbar für diese unfassbar prägende Zeit. Sie nutzte mir nicht nur im späteren Berufsleben, sondern auch heute sehr spürbar. Du brauchst einen kühlen Kopf, wenn neben dir die Pflastersteine einschlagen. Sogar noch mehr, du musst gegen die Krawallmacher vorgehen. Meistens sind das Menschen die dich einfach nur auf Grund deiner Uniform hassen. Und ich meine wirklich abgrundtief hassen. Und dabei die USK-Uniform noch mehr als alle anderen. Immer wieder gellen mir die Sprechchöre von Fußball-Ultras und Linksextremisten im Ohr: „SS, SA, USK“ „A.C.A.B. – All Cops Are Bastards“.
Heute fliegen mir sinnbildlich ebenfalls ziemlich große Pflastersteine um die Ohren mit der Erkrankung meiner Frau und ich brauche andauernd einen kühlen Kopf. Viele Dinge müssen eng getaktet einfach funktionieren, es darf nichts schiefgehen. Wieder denke ich gerne an meinen Zugführer zurück, der übrigens immer locker grinste, wenn er sagte: „Wir leben in der Lage!“ Ich kann einfach vieles in unserem herausfordernden Alltag brauchen, was ich dort gelernt habe. Auch autoritäres Auftreten, manchmal muss man z.B. ggü. Ärzten deutlicher werden als normal. Nicht zuletzt hilft auch meine medizinische Ausbildung und die vielen Trainingseinheiten, die ich später im Kommando dann bekam. Ich war z.B. handlungsfähig als ich Irina blutüberstömt aus der Toilette zog, bei ihrem ersten epileptischen Anfall. Zuhause muss ich ihre Arzneien überwachen und im Blick haben was und wieviel sie nimmt. Alles in allem denke ich gerne an diese Zeit im Kommando zurück, auch wenn es Schattenseiten gab. Die sah ich damals nicht so wie heute, klar ich war kein Christ, aber ich denke Gott hat mich in dieser extremen, auch durchaus harten Zeit, auf die heutige Situation vorbereitet. Ich muss heute auch an ein Bibelwort denken, dass zu damals einfach exakt passt:
„Eisen schärft Eisen;
ebenso schärft ein Mann den anderen.“
Sprüche 27, 17
(Einer meiner Lieblingsverse)
Meine Zeit endete dann 2014 verletzungsbedingt etwas früher als geplant beim USK und ich wechselte in den Einzeldienst. Seitdem bin ich durchgehend Streifenpolizist bei der Innenstadt-Inspektion der Polizei Augsburg Mitte. Auch hier hat mir die USK-Ausbildung sehr genutzt, denn die PI Mitte (abgekürzt) ist im Präsidium mit Abstand die anspruchsvollste Dienststelle in fast allen Bereichen. Insbesondere aber in Gewaltdelikten gegenüber Polizeibeamten und einer enormen Einsatzbelastung. Wir betreuen die Partymeile in der Innenstadt und du musst um 05:00 Uhr in der Früh, nach bereits 10 Stunden Dienst, einem volltrunkenen Querulanten überlegen sein – also genau mein Ding. Ich brauche diese Arbeit an der Front.
Ständig begegnen mir Menschen und reagieren dann immer gleich: „ich könnte ihren Job nicht machen.“ Sie halten einen für verrückt, wer lässt sich gerne anspucken oder hält seinen Kopf für volltrunkene Partymenschen hin? Auch Kollegen reagieren manchmal abgeneigt: „wieso bist du denn immer noch da, ich könnte kein halbes Jahr da bleiben.“ Ich verstehe das. Ich denke das ist Berufung. Ein Mensch kann Dinge einfach machen und sie fallen einem leicht, für die andere einfach ungeeignet sind. Und diese Reaktionen sind einfach folgerichtig dann so unterschiedlich. Natürlich kann diesen Beruf nicht jeder machen und natürlich kann nicht jeder, dann genau in dem Bereich arbeiten. Aber wie man sieht gibt es dort viel zu tun – wenn man weiß, dass man das kann, wieso sollte man dann was anderes machen? Ich bin sehr froh über die Erkenntnis, dass ich genau den richtigen Beruf habe und hier meine Berufung gefunden habe. Ich würde nichts lieber als das machen und für mich zählt nur das. Kannst du das über deinen Beruf sagen? Gehst du wirklich gerne in die Arbeit? Ich sag mittlerweile auf die erste Äußerung immer, naja wenn ich es nicht könnte, würde ich es nicht machen, ich liebe meinen Job.
Nun zur Bekehrung, was wurde denn für mich als Christ plötzlich anders? Nun dazu sei erstmal gesagt, dass ich als Christ die Wiedergeburt wirklich erlebt habe und nun merkte wie mein neues Leben begann. Die Bibel sagt man wird eine neue Kreatur und legt den alten Menschen ab.
„Darum: Ist jemand in Christus,
so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen,
siehe, Neues ist geworden.“
2. Korinther 5, 17
Zwangsläufig wurde ich also mit alten Verhaltens- und Gedankenmustern konfrontiert. Einfaches Beispiel: Meine Sprache. Polizisten neigen dazu eine extrem harte Sprache zu benutzen, ich sag auch immer, wir sind Kommunikationsmonster. Je rauer die Arbeit, umso rauer der Umgangston. Die beste Waffe ist das Wort, das sagt sinngemäß übrigens auch die Bibel. Sowohl im Schlechten als auch im Guten. Die Zunge ist ein Kennzeichen deiner Sündhaftigkeit, so würde ich diese Passage aus dem Jakobusbrief frei deuten:
„Und die Zunge ist ein Feuer, eine Welt der Ungerechtigkeit. So nimmt die Zunge ihren Platz ein unter unseren Gliedern; sie befleckt den ganzen Leib und steckt den Umkreis des Lebens in Brand und wird selbst von der Hölle in Brand gesteckt.“
Jakobus 3, 6
Ich merkte meine Zunge „wollte“ diesen harten „Slang“ nicht mehr anwenden. Der Slang sind v.a. Schimpfwörter und Flüche, etwas ganz alltägliches. Nun war diese Veränderung ja positiv, doch zu Anfang meiner Glaubenszeit etwas beunruhigend. Mich kennen meine Kollegen ja nur wie ich vorher drauf war und ich war gut im mitschimpfen und fluchen, ich denke ich war sogar ganz vorne dabei.
Gleichzeitig hatte ich auch Bedenken wie meine Kollegen den Sinneswandel wohl aufnehmen würden. Ich wusste ja nicht, ob jemand vielleicht Vorurteile hat oder mal schlechte Erfahrungen gemacht hat. Eins wusste ich aber auf jeden Fall – ich bin wahrscheinlich der einzige Christ auf der Wache. Damals wie heute betete ich darüber, schließlich waren es ja Sorgen und ich gab das alles Gott ab. Ich hoffte auf seine Unterstützung und vertraute Ihm, dass er mir hier Klarheit schenkt. Dann kam am Tag meiner Taufe tatsächlich ein Kollege in unsere Gemeinde. Wir erkannten uns und ich fragte verdutzt, was er hier macht und ob er gläubig ist. Er antwortete ebenfalls verdutzt, ja ich glaube und du offensichtlich jetzt auch, nachdem du dich ja heute taufen lässt. Für mich war das eine Gebetserhörung und ich war sehr dankbar über diesen Kontakt. Denn er machte mich gleich mit der christlichen Polizeivereinigung bekannt – es gibt also noch andere Christen bei der Polizei – war mein Erleichterungsgedanke. Es ermutigte mich unheimlich meinen Glauben ganz offen auszuleben und auch meine Kollegen reagierten total wertschätzend. Ich merkte, dass meine Sorgen unbegründet, aber bei Gott genau richtig aufgehoben waren.
Seither erzähle ich dem ein oder anderen Kollegen etwas über Gott auf Streife, anstatt „dumme Sprüche“ zu reißen. Gerade zu Lockdown-Zeiten hat es sich einfach angeboten – es war einfach nix mehr los. Ich zwänge es aber auch niemandem auf – es ist schließlich meine Arbeit – und wir reden nicht nur über Gott. Aber ich bin ein guter Zuhörer und auch wenn ein Kollege nicht glaubt, bete ich für seine Anliegen.
Man muss dazu wissen, was im Streifenwagen passiert, bleibt im Streifenwagen. Cops haben viele kodex-ähnliche Regeln, u.a. was im Sozialraum auf dem Tisch stehen bleibt, gehört der Allgemeinheit und wird verzehrt. Spaß bei Seite, die Streifenwagen-Regel ist sehr ernst. Cops verarbeiten viel mehr Dinge als der Durchschnitt und haben einfach mehr Redebedarf. Außerdem sehen sich Schichtbeamte manchmal häufiger, als sie ihre Engsten sehen, deshalb entstehen familiäre Beziehungen. Manche Streifenzeit bietet sich dann dafür an „einfach mal zu reden“. Hier kommen schon mal Dinge ans Licht, die eben den Wagen nicht verlassen sollten. Aber nachdem sich niemand vor Gott verstecken kann und Er definitiv mit im Wagen dabei ist, bringe ich die Dinge in Fürbitte ins Gebet.
„Der Herr schaut vom Himmel herab und sieht jeden Menschen“
Psalm 33, 13
Ich glaube das Gebet sehr viel verändern kann. Ich merke auch, dass ich viel aufmerksamer geworden bin, was die Belange meiner Kollegen betrifft, hoffe ich zumindest. Außerdem hilft es mir natürlich auch selbst schwierige Einsatzsituationen nicht einfach mit mir rum oder mit nachhause zu tragen. Damit hatte ich zwar generell bisher wenig Probleme, aber es tut gut es wirklich komplett und bewusst abzugeben. Das schönste Gebet was erhört wurde, war mein Wunsch, dass Gott eine Bekehrung auf meiner Wache schenkt. Ich betete etwas forsch, dass Gott 2020 mindestens einen Kollegen retten soll! Anfang diesen Jahres (2021) erfuhr ich dann, dass in unserer neuen Gemeinde sich tatsächlich ein Kollege aus einer anderen Schicht taufen hat lassen – noch in 2020. Als ich ihn das erste mal in der Gemeinde sah, schaute ich so wie damals wahrscheinlich der andere Kollege mich angesehenen hat bei meiner Taufe. Ich war begeistert und konnte es einfach nicht fassen. Für mich ist das immer noch das größte Wunder was Gott tun kann:
„Das größte Wunder, das Gott tun kann ist, dass er eine gottlose Person, aus einer gottlosen Welt rausholt und diese gottlose Person heilig macht und sie zurück in die Welt stellt und diese Person heilig hält. Inmitten einer abartigen, korrupten und verdorbenen Generation.“ Leonard Ravenhill
Willkommen in der Ekklesia Kollege!
Verschiedene Christen und Kollegen haben mich dann noch nach der Sache mit der Schusswaffe gefragt, ob das nicht ein Problem wäre. Ein großer Schlüssel ist wie immer die Bibel. Gott hat klar festgehalten die Stellung der Gläubigen und der staatlichen Autorität. Gott steht für Gerechtigkeit, Er wird auch als der Richter bezeichnet und Ordnung ist Ihm sehr wichtig. Somit decken sich schon mal sehr viele Eigenschaften des Polizeiberufs mit Gottes Willen. Nun denken vielleicht viele an das bekannte Gebot: Du sollst nicht töten. Und das ist auch korrekt, aber es geht viel mehr darum, ob Gott nicht eine gewisse Autorisierung für die Staatsgewalt vorgesehen hat und hier wird man im Römerbrief Kapitel 13 fündig (s. Videos). Die Videos sind übrigens auch für Soldaten geeignet, dort kenne ich ja auch den ein oder anderen. Die Polizei gibt es historisch gesehen ja noch nicht so lange wie die Bibel und es wird oft vom Soldaten gesprochen, also auch was für euch dabei.
Zum Abschluss noch die Empfehlung der christlichen Polizeivereinigung (CPV) und ihr YouTube Kanal
Somit kann ich frohen Mutes sagen, dass ich gerne Polizist und Christ in einem bin! Auch wenn es schon dunkle und schwierige Kapitel gab. Auf eines möchte ich noch eingehen, weil ich ungewollt in die Schusslinie geriet. Es wurde ein Kollege der Hundestaffel nach einem gemeinsamen Einsatz durch unsere Dienststellenleitung angezeigt. Ein internes Verfahren. Das ist mit Abstand das schlimmste was man sich als Kollege vorstellen kann. Hier sind viele Dinge geschehen zu Lasten und zum Nachteil meiner Person, die es bis in die Zeitung geschafft haben. Der Artikel ist aber leider schon zu alt, man kann ihn nur mit (Test-) Abo vollständig lesen.
Kurz zusammengefasst, schlug der Kollege in einer Festnahme-Situation am Boden einen Randalierer mehrfach ins Gesicht. In meinen und den Augen vier weiterer Kollegen unverhältnismäßig. Die Nacht war wie so oft zu stressig, um die Situation zu besprechen und wir kannten den Hundeführer nicht persönlich. Nachdem 5 Beamte nun in ihren Berichten die Schläge „ausblenden“ müssten, plagte nicht nur mich das Gewissen. Wir müssten faktisch lügen und noch dazu war eine Azubine involviert, welche hier noch mehr in Bredouille kam – sie ist Beamtin auf Probe – kommt das raus, dass sie bei einer Vertuschung dabei war, wird man sie sehr wahrscheinlich entlassen. Es war völlig unverantwortlich diese Situation nicht aufzuklären. Die Beteiligten inklusive Dienstgruppenleitung waren sich deshalb einig, man müsse ein aufklärendes Gespräch mit dem Hundeführer suchen. Schließlich könnte nur er die Verantwortung dafür tragen und im Vorfeld Stellung dazu beziehen. Die Dienststellenleitung sah das dienstrechtlich allerdings anders und leitete sofort ein Verfahren gegen den Kollegen ein. Das war vertretbar, aber überhaupt nicht unser Ziel. Denn…
Jetzt war zunächst meine Schicht im Feuer – wir zeigen Kollegen an, war der Vorwurf. Verschiedene Kollegen fuhren plötzlich zu unseren Nachtdiensten bei problematischen Einsätzen einfach nicht mehr mit an. Wir reagierten mit Geschlossenheit und hielten v.a. eins: zusammen und dicht. Die Leitung sagte uns Schutz zu, ein schwacher Trost. Manche Dinge des oben schon erwähnten Kodexes kann der Chef überhaupt nicht beeinflussen. Es stand der Verdacht im Raum, dass wir einen Kollegen zu Unrecht angezeigt haben – leider setzte sich dieses Gerücht sehr weit durch.
Dann war Gerichtsverhandlung (September 2019 mitten in Chemo- und Strahlenphase meiner Frau) und alle beteiligten Polizeibeamten sagten „gegen“ den Kollegen aus. Es ist übel wie die Realität verdreht wurde, denn wir sagten alle pflichtgemäß die Wahrheit – ein Kernelement der Arbeit eines Polizisten! Ein paar Kollegen waren bei Gericht anwesend, sie waren mir nicht unbekannt und sie „hielten“ wohl zu dem Hundeführer. Aus welchen Gründen auch immer sahen diese Kollegen in meiner Person den Verräter. Der Hundeführer wurde durch das Gericht verurteilt, ich wurde ab da durch die Kollegen ebenfalls verurteilt.
Man teilte mir mit, dass ich in gewissen Kreisen nun nur noch „die dreckige Ratte“ und „das Verräterschwein“ war. Hierunter wohl auch Führungspersonal, also indirekt Vorgesetzte mit denen ich auf der Straße zusammen arbeiten sollte und unter Umständen unter ihre Leitung geraten könnte. Es entstand absofort ein gehöriger Druck und ich bekam die Verachtung immer wieder zu spüren. Z.B. gibt man sich bei Einsätzen die Hand, v.a. wenn andere Einsatzkräfte dazukommen und man über die Lage redet etc. Ein Kollege schaute mich damals an als ich ihm die Hand hinstreckte. Er sah zunächst auf meine Hand, danach drehte er sich von mir weg und ignorierte den Handschlag. Es war ein Kollege mit dem ich schon zusammen einen Gewalttäter festgenommen habe, der uns ans Leder wollte, das war scheinbar plötzlich vergessen. Im selben Einsatz hörte ich ein Gespräch eines Kollegen der mich wohl nicht neben sich stehen sah: „der hat doch eine unvorschriftsmäßige Kleidung an, wir könnten ihn auch mal anzeigen“. Dann erkannte er mich, Stille, schnell wegdrehen. Ein Leiter befragte mich mal im Rahmen einer Einsatzbesprechung vor Ort, wieso ich gewisse freiheitsentziehende Maßnahmen treffen würde, das wäre vielleicht unrechtmäßig. Das war es überhaupt nicht und die Äußerungen dienten nur zur Verunsicherung.
Ich war einer ständigen Verachtung ausgesetzt – zu Unrecht. Nun woher kennen wir das? Der Herr Jesus wurde seinerzeit zu Unrecht ans Kreuz genagelt. Im Vorfeld wurde er massiv verspottet, bespuckt, verleumdet, verhöhnt und geschlagen. Wie muss er sich damals dabei gefühlt haben? Diese Sicht half mir, den Druck zu ertragen und natürlich Gebet. Wisst ihr was ich ständig betete, wenn mich Kollegen wie oben behandelten?
„Herr bitte vergib ihnen, sie wissen nicht was sie tun. Bitte segne sie und beruhige den Sturm in ihren und meinem Herzen. Bitte bewahre mich vor Angriffen und schwierigen Einsatzsituationen. Ich vergebe den Kollegen, dass sie mich missachten und verachten. Bitte steh mir bei. Amen.“
Warum? Die o.g. Missstände waren doch unfair? Das mag sein, aber ein Christ reagiert auf Schmach und Verfolgung mit Liebe, so wie der Herr Jesus auch. Er ging unschuldig ans Kreuz, damit wir gerettet werden können. Er ließ sich auspeitschen bis auf die Knochen und seine Glieder wurden durchbohrt. Und das als allmächtiger Sohn Gottes, das ist die Liebe die Er für jeden aufgebracht hat. Ein Christ sollte seinem Herrn das gleichtun und so sagt er wie wir in solchen Situationen umgehen sollen:
„Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde,
segnet, die euch fluchen,
tut wohl denen, die euch hassen,
und bittet für die,
welche euch beleidigen und verfolgen“
Matthäus 5, 44
So betete ich häufig vor Einsätzen, wo ich wusste, dass Kollegen dabei sind, die mir nicht wohlgesinnt sind. Ich betete aber v.a. für den Hundeführer, damit sich die Situation zwischen uns klären ließe. Und das Geschehen sollte eine Wendung nehmen, womit alle Spötter schließlich in die Schranken gewiesen wurden!
Eines Nachts, ich hatte Dienst, rief der Hundeführer auf meiner Dienststelle an und wollte mich sprechen. Er wollte auf einen Kaffee vorbeikommen und mal mit mir persönlich reden. Ich war natürlich einverstanden, es war von Anfang an auch mein Wille und er tat jetzt den ersten Schritt. Wir setzten uns eine längere Zeit hinter verschlossene Türe zusammen und klärten die Angelegenheit wie Männer. Es wurde ehrlich gesprochen und wir gaben uns danach die Hand. Dir lieber Kollege, möchte ich ganz besonders für diesen Schritt danken! Für mich bist du der Held in dieser Geschichte, der sich hier menschlich wie dienstlich, absolut professionell verhalten hat. Hut ab! Wie groß muss der Schatten gewesen sein, über den du springen musstest, um dieses versöhnliche Gespräch zu suchen?
Ab diesem Moment entstand für den ein oder anderen der Eindruck wir wären nie vor Gericht gewesen. Der Kollege kam regelmäßig auf einen Kaffee vorbei und zeigte, dass er ein Kollege ist. Einfach ein Mensch der wie wir alle fehlerhaft ist. Heute meldet er sich regelmäßig an zu Einsätzen von unserer Schicht und wir arbeiten zusammen, so wie es sich gehört.
Er hat mit mir die Situation von damals aufgearbeitet und ich kann ihn heute verstehen. Aber hier gilt wie im Streifenwagen, manche Dinge bleiben hinter der verschlossenen Türe. Gott segne weiter deinen Dienst und bewahre dich vor schwierigen Einsätzen.