Januar 2023
„Wohl dem Menschen, dessen Stärke in dir liegt,
wohl denen, in deren Herzen gebahnte Wege sind!
Wenn solche durch das Tal der Tränen gehen, machen sie es zu lauter Quellen,
und der Frühregen bedeckt es mit Segen.“
Psalm 84, 6 u. 7
29.01.2023
Ein
gelungener
Geburtstags-Marathon
geht
heute
zu Ende.
Die Highlights waren, dass die wöchentlich stattfindende Krabbelgruppe tatsächlich auf den Geburtstag von Naomi fiel. Hintergrund: Die Krabbelgruppe hatte sich im September 2022 durch Mütter aus unserer Gemeinde gebildet, mit Babies und Kindern bis und um Naomis Alter herum. Die Gruppe pausierte, da diese Mütter uns in der Palliativ-Phase, fast täglich mit Kinderbetreuung unterstützten. Diese Gruppe wurde Anfang diesen Jahres wieder aktiviert und um mir mit Naomi weiter Unterstützung zu bieten, wurde sie zu uns nachhause verlegt. So wurde ungeplanterweise aus dem normalen Treff, Kindergeburtstag für Naomi – ein super Geburtstag. Somit kommt zur Versorgungsituation einmal die Woche Krabbelgruppe zur Unterstützung. Zusätzlich habe ich die letzten Wochen beobachtet, wo ich Hilfe benötige. Immer noch sind viele Menschen um mich da, die mir hier unter die Arme greifen wollen! So wurden über die (alte) Versorgungs-Gruppe aus meiner Gemeinde zwei weitere Bausteine als Hilfe hinzugefügt. Ich bekomme einmal die Woche frisch gekochtes Essen geliefert und mir wird nach Bedarf die Bügelwäsche abgenommen. Es ist einfach ganz große Klasse, dass ich nach wie vor so toll unterstützt werde, vielen lieben Dank!
Am Freitag reiste dann Oma Irina an und blieb bis heute Abend auf Besuch. Das Ziel: Oma kommt wirklich nur auf Besuch! Keine Arbeit, nur Gemeinschaft, Spiel und Spaß. Es tat sehr gut, dass wir uns mal wieder live sahen und ich konnte somit auch mein Wochenende „freier“ gestalten. Oma verbrachte viel Zeit mit Naomi und ich konnte mal mit Freunden abends einen Burger essen gehen. Das Highlight: Ich überraschte Oma damit, dass wir am Samstag gemeinsam zum Tag der offenen Tür von einem Kindergarten gingen. Ganz überrascht war sie zwar nicht, da ich ihr schon mal sagte, dass Ende Januar der Termin wäre, aber sie freute sich dann trotzdem, dass sie dabei sein durfte. So habe ich Naomi mal für den Kindergarten angemeldet, der zum September diesen Jahres wieder Kinder aufnimmt. Hier ist noch nichts spruchreif, die Antragsflut in der Stadt ist enorm hoch und es wird eine Dringlichkeits-Einstufung geben. Zumindest hier dürfte unsere Chance wohl etwas steigen, da wir mit unserer Situation doch eine höhere Dringlichkeit haben dürften als andere.
Am heutigen Sonntag wurde nach dem Gemeinde-Besuch und der obligatorischen Sonntags-Pizza, der Geburtstags-Marathon mit dem Besuch meiner Familie gekrönt. Es gab Kaffee, Krapfen, Geschenke und nette Gespräche, und am Abend verabschiedeten wir dann Oma Irina wieder. Wir hatten eine schöne Zeit, in der wir auch aufarbeitende Gespräche hatten und der Abschied am Bahnhof fiel uns dann auch etwas schwer. Aber wir sind schon weiter gewachsen und wir sehen uns dann wieder zum Trauer-Seminar in knapp 2 Wochen. Auf diesem Weg möchte ich mich nochmal für all die Geburtstags-Karten, Geschenke und Glückwünsche für Naomi bedanken. Es war ein gelungener Geburtstag und wir blicken weiter nach vorne. Desweiteren möchte ich allen danken die uns auch weiterhin im Gebet unterstützen! Gottes Segen.
25.01.2023
Naomis 2. Geburtstag. Nichts ist wie es war und doch erinnere ich mich gerne an ihren ersten Geburtstag zurück – letztes Jahr mit ihrer Mama. Hier hatten wir ein wunderbares Familien-Fotoshooting und ich möchte euch noch einmal daran teilnehmen lassen. Es war mit Abstand das schönste Geschenk für Irina und ich bin dankbar, dass wir das als Familie erleben durften. Bilder für die Ewigkeit. Erneut ein riesiges Danke an die Fotografen The Seidels.
(Wie es dazu kam könnt ihr im Timeline-Eintrag vom 27.01.2022 nachlesen.)
Anfang diesen Jahres musste ich immer wieder an dieses tolle Foto-Shooting zurück denken und entschied mich, Naomi zu ihrem 2. Geburtstag erneut eines zu schenken. Auch wenn der Schmerz noch immer tief sitzt – ich bin ein glücklicher Vater, wunderbar beschenkt mit dieser tollen Tochter, von der besten Mama, die in unseren Herzen und in Ewigkeit weiter lebt. Danke Jesus – unser Fels, unsere Hoffnung!
17.01.2023
Es hat lange gedauert bis zu diesem Eintrag. Und es hat mich sehr viel Überwindung gekostet.
Etwas naiv hatte ich gedacht, ich schreibe hier einfach weiter, aber keine Chance. Die vergangene Last und der Druck wogen zu schwer und ich befinde mich in einer sehr sensiblen Trauer und Verarbeitungs-Phase. Zudem habe ich diesen Blog damals aus anderen Beweggründen gestartet und Irina war einfach noch hier. Jedes mal wenn ich nun also nur daran dachte etwas in diesen Blog zu schreiben, versetzte es mir zwangsläufig einen nicht ganz schmerzfreien Schlag und so konnte ich erstmal überhaupt nichts mehr schreiben. Dennoch habe ich in meiner Verarbeitung so langsam den Sprung über den ein oder anderen Schmerz geschafft und ich konnte mich mal sammeln, um euch ein paar Zeilen zu schreiben.
Was war, was ist, was kommt?
23.12. bis 31.12.2022:
Nach der Beerdigung ist Mama Irina bei Naomi und mir in Augsburg geblieben. Wir trauerten gemeinsam und konnten uns gegenseitig Halt geben. Zwischendrin feierten wir Weihnachten bei meinen Eltern und mit meiner Familie. Irinas Mama hat ebenfalls eine unfassbare Last getragen und eine Mutter sollte nicht ihr Kind begraben müssen. Aber nicht nur die Liebe zu Jesus eint uns, sondern auch, dass wir die selbe Person lieb(t)en. Es war eine unbeschreibliche Erfahrung als Schwiegersohn und Ehemann für Irina da zu sein, während Mama Irina, als Schwiegermutter und Mama für Irina sorgte. Dazu waren wir beide noch als Papa und Oma im Einsatz für Naomi. Ein unfassbarer Zusammenhalt hat sich hier über die Zeit gebildet, trotz enormer Unterschiedlichkeiten. So etwas ist nur bei Jesus möglich. Egal welche Prägung, welches Alter. Herkunft, Hautfarbe, Einschränkung, Fehler oder oder oder. Bei Jesus sind alle gleich. Und alle die Ihn lieben befolgen ein sehr wichtiges Gebot:
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
Gott hat es uns wirklich sehr einfach gemacht: sechs Wörter umfasst dieses Gebot und jeder kann es verstehen. Es scheint so leicht: Behandle deine nächste Person so, wie du von ihr behandelt werden möchtest – Nächstenliebe. Es gäbe keine Kriege, keine Benachteiligung, keinen Rassismus, jeder würde sich einfach lieben. Trotzdem sehen wir wie der Mensch täglich daran scheitert. Du kannst ja mal den Selbsttest machen und dir vornehmen, jede Person die dir morgen über den Weg läuft, einfach so zu lieben, wie es dieses Gebot sagt. Ich garantiere dir, sobald der erste nervige Kunde dich anruft, dein super unfreundlicher Nachbar dich anpflaumt oder die Dinge einfach nur nicht so laufen wie du es möchtest, du wirst scheitern. Aber es gibt hier noch ein weiteres bedeutsames Gebot und es ist wichtig den Zusammenhang zu verstehen:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen
und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken“
Du dachtest es ist leicht seinen Nächsten zu lieben? Nun es ist ja auch scheinbar leicht, aber Jesus lehrt uns, dass die Nächstenliebe nur funktioniert, wenn du auch Gott liebst. Er sagt sogar, dass es das erste und größte Gebot ist, Gott zu lieben. Nächstenliebe ist diesem Gebot vergleichbar sagt Jesus, aber es geht weit über ein typisches „Gut-Mensch-Dasein“ hinaus. Denn der Gut-Mensch denkt, er ist gut, wie das Wort schon sagt, und er kann von sich aus, zu jeder Zeit andere lieben – ohne Gott. Nun ich erinnere an den Selbsttest. Auch wenn du dich nicht als der klischeehafte Gut-Mensch siehst, musst du doch eingestehen, dass du nicht „immer“ gut bist. Und genau da ist unser Problem: wir wollen uns das nicht eingestehen. Warum erzähle ich euch das und was hat das mit Irinas Mama und mit mir zu tun? Nun, auch Irinas Mama und ich sind oft gescheitert – und das obwohl wir Gott lieben. Wie kann denn das jetzt sein?
Wisst ihr, Jesus lehrt uns, dass an diesen beiden Geboten „das ganze Gesetz und die Propheten“ hängen. Und ich übersetze euch das jetzt mal in einfaches Deutsch (hermeneutisch natürlich nicht ganz korrekt): Das Gesetz und die Propheten sagen dir ganz klar zwei Dinge: du bist moralisch nicht gut – kein Mensch ist das – sondern du bist ein Sünder und du brauchst dringend Versöhnung mit Gott – Buße. Und so langsam verstehen wir den Zusammenhang. Wenn wir umkehren zu Gott kapieren wir erst wie unzulänglich wir eigentlich sind unsere Nächsten zu lieben. Wenn wir also unsere Gottlosigkeit nicht aufgeben, verstehen wir gar nicht wie wir unseren Nächsten überhaupt lieben sollen. Wir brauchen eine Neugeburt und ein Verständnis für wahre Liebe – und beides ermöglicht uns Gott. Durch das Angebot der Umkehr und in dem wir einfach nur an Jesus Christus glauben:
Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt,
dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht,
sondern ewiges Leben hat.
Johannes 3, 16
Was spricht eigentlich dagegen an Jesus Christus zu glauben? Die Verheißung auf ewiges Leben und die Erkenntnis über wahre Liebe, kann dir auf jeden Fall sonst kein anderer bieten. Durch diesen Glauben konnten Irinas Mama und ich uns erst so richtig reflektieren. Das führte beinahe täglich zu einer Umkehr (Herzensänderung), wodurch eine engere Gottesbeziehung entstand, was uns wiederum erst richtig befähigte, uns als Nächste wirklich aufrichtig zu lieben. Nur so konnten wir gemeinsam über mehrere Wochen unter einem Dach und unter maximaler, psychisch seelischer und körperlicher Vollbelastung, auch nur ansatzweise bestehen. Dank Gottes Hilfe durften wir uns rückwirkend betrachtet in diesen zwei Geboten dauerhaft getragen wissen.
So arbeiteten wir (bis heute) Dinge auf, die in den krassesten Belastungs-Phasen geschahen und eben auch solche, die auf verschiedensten Ebenen nun mal nicht so gut gelaufen sind. Das tat sehr gut, denn es hatte ein Resultat, das wir alle Menschen dringend nötig haben: Vergebung. Der Kern des Evangeliums. Wenn Gott uns nicht in Christus bereits vergeben hätte, könnten wir heute solch versöhnliche Gespräche überhaupt nicht führen. Und was noch viel wichtiger ist, wir hätten womöglich mit massiven Schuldgefühlen zu kämpfen. Doch durch Jesus wissen wir, die Schuld ist bezahlt! So konnten wir uns in einer ersten Aufarbeitungs-Phase einfach gewisse Dinge vergeben und dankbar werden. Das half uns sehr, um danach in der persönlichen Aufarbeitung, befreiter die eigene Trauer anzugehen. Außerdem führte es zu einem wunderbaren Gespräch, in dem wir uns etwas sagen konnten, was Irina uns beiden unabhängig von einander und im Vertrauen mit auf den Weg gegeben hat. Es zeigt wie auch sie das Gebot der Nächstenliebe gelebt hat und bis heute ist sie mir darin ein absolutes Vorbild. Sie sagte einmal zu mir, dass das Wichtigste für sie ist, dass wenn sie nicht mehr da ist, dass ich auf ihre Mama aufpasse. Ich umarmte sie damals ausgiebig und voller Tränen, denn ich war einfach überwältigt, wie sehr sie ihre Mutter liebte. Ich gab ihr natürlich das Versprechen, es mit Gottes Hilfe und allem was ich habe, umzusetzen. Das hatte sie richtig glücklich gemacht und was ich nicht wusste, wenige Tage später äußerte Irina ihrer Mama den selben Wunsch für mich. Dass Irinas Mama immer auf mich aufpassen soll. Als Mama Irina und ich uns das in dem Gespräch sagten, waren wir überwältigt von ihrer Liebe zu uns und sind es heute noch.
Liebe Gott mit allem was du hast und deinen Nächsten wie dich selbst.
Nachzulesen in Matthäus 22 ab Vers 34
01.01.2023 bis heute:
Irinas Mutter fuhr wieder nachhause und ich musste viel bürokratische Sterbefall-Sachen erledigen. Es ist ziemlich viel passiert und ich bin hier immer noch eingespannt, aber es würde den Rahmen sprengen, hier alles zu schildern. Deshalb nur kurz noch ein Update zur Arbeit und etwas zur Aussicht. Ich bleibe zunächst weiter auf 50% Teilzeit und erstmal weiterhin nur im Homeoffice. Die Belastung wäre zu krass, wenn ich wieder Vollzeit und in Präsenzdienst gehen würde. Zudem gäbe es keine Betreuungs-Lösung für Naomi (Dazu schreibe ich wann anders mehr). Ich bin überaus dankbar für die Weitsicht und Fürsorge meines Arbeitgebers. Ich bekomme keinen Druck und somit eine Freiheit voll für meine Tochter da sein zu können. Ein unfassbar schönes Geschenk und so kann ich weitere Schritte in Ruhe planen. Das tut auch im Verarbeitungs- und Trauer-Prozess richtig gut. Denn nach wie vor schmerzt es mich natürlich enorm, dass Irina nicht mehr bei mir ist. Und ich denke, es geht den meisten von euch sehr ähnlich. Ich persönlich kann viele Dinge im Glauben mit Gott besprechen und habe mich mit Irinas Mutter zu einem (christlichen) Trauer-Seminar (Mitte Februar) angemeldet. Wir halten es einfach wie Irinas es sich für uns beide gewünscht hat:
Passt beide auf einander auf.
Last but not least: Naomi hat am 25.1. Geburtstag und wird zwei Jahre alt. Ich war heute mit ihr bei einer Bekannten und habe ihr Geburtstags-Geschenk bereits eingelöst. Ihr dürft euch überraschen lassen, ich werde euch hier daran teilhaben lassen.